
Untersuchungen Diagnostik
Krebserkrankungen Onkologie
Schilddrüsenkrebs Schilddrüsenkarzinom
Der größte Teil aller Schilddrüsentumoren ähnelt normalem Schilddrüsengewebe. Es hat gegenüber gesundem Schilddrüsengewebe eine herabgesetzte Stoffwechselaktivität und damit auch eine geringere Fähigkeit, Iod zu speichern. Die erste und wichtigste Maßnahme bei der Behandlung des Schilddrüsenkrebses besteht in der operativen Entfernung des Schilddrüsentumors und auch der gesamten normalen Schilddrüse. Der Chirurg entfernt bei der Operation auch vom Tumor befallene oder verdächtige Lymphknoten im Halsbereich. Auch ein erfahrener Chirurg ist allerdings häufig wegen der ansonsten zu befürchtenden Nebenwirkungen (Verletzung des Stimmbandnervs, Verlust der Nebenschilddrüsen) nicht in der Lage, die Schilddrüse wirklich komplett operativ zu entfernen. Es ist Aufgabe der im Regelfall der Operation folgenden Radioiodtherapie, nach der Operation verbliebenes Schilddrüsenrestgewebe (und darin möglicherweise enthaltene Tumorzellen) auszuschalten.Radioiodtherapie
Die Radioiodtherapie ist bei den differenzierten papillären und follikulären Schilddrüsenkarzinomen eine wirksame und risikoarme nuklearmedizinische Maßnahme. Radioaktives Iod wird von Schilddrüsengewebe und Schilddrüsenkarzinom-Zellen gespeichert, wobei die therapeutisch wirksamen ß-Strahlen im Gewebe eine Reichweite von wenigen Millimetern haben. Aufgrund dieser Tatsache und der sehr intensiven Anreicherung von radioaktivem Iod im Tumorgewebe ist es möglich, mit der Radioiodbehandlung bei weitgehender Schonung des gesunden Gewebes sehr hohe Herddosen (Dosis im Restttumor oder in Tochtergeschwülsten) zu erzielen, die Tumorzellen zerstören.Wegen der sehr guten Prognose sehr kleiner Knoten (Durchmesser bis 1 cm) führt man bei Patienten mit dieser Frühform des Schilddrüsenkrebses eine Radioiodtherapie nicht routinemäßig durch. C-Zell-Karzinome und undifferenzierte Schilddrüsenkarzinome dagegen können kein Radioiod speichern. Deshalb ist auch hier eine Radioiodtherapie nicht angebracht.
Behandlung
Die erste Radioiodtherapie wird routinemäßig etwa 4 bis 6 Wochen nach der Operation durchgeführt. Im so genannten Posttherapie-Szintigramm, das die Verteilung des radioaktiven Iods im ganzen Körper darstellt, werden gelegentlich bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannte Metastasen in Lymphknoten oder in anderen Organen (Lunge, Knochen) aufgespürt. 3 bis 6 Monate nach der ersten Radioiodbehandlung führt man eine Kontrolluntersuchung mit Ganzkörperszintigramm durch. Falls dann noch Restgewebe oder Metastasen nachweisbar sind, folgen weitere Radioiodbehandlungen in 4- bis 6-monatigen Abständen bis zur völligen Beseitigung des befallenen Gewebes.
Voraussetzung für die Radioiodtherapie ist einerseits eine möglichst komplette operative Entfernung des Tumors und der gesunden Schilddrüse (im Falle von Metastasen wenn möglich auch eine Verkleinerung der Tumormasse). Als weitere wichtige Voraussetzung für eine erfolgreiche Radioiodtherapie muss zum Zeitpunkt der Verabreichung radioaktiven Iods eine Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose ) gegeben sein. Diese stellt sich typischerweise etwa vier Wochen nach der Operation der Schilddrüse ein. Nach der Radioiodtherapie wird diese Unterfunktion dann mit Schilddrüsenhormon-Tabletten ausgeglichen. Bei nicht selten nötigen Folgebehandlungen müssen die Schilddrüsenhormon-Tabletten jedoch wieder abgesetzt werden (im Allgemeinen vier Wochen Hormonpause). Sehr wichtig ist, dass der Patient vor einer Radioiodtherapie keine größeren Mengen von Iod erhält (z.B. im Form von iodhaltigen Medikamenten oder Röntgenkontrastmittel).
Die Radioiodbehandlung hat relativ geringe Nebenwirkungen. Es kann kurzfristig zu schmerzhaften Schwellungen der Restschilddrüse bzw. des Tumors kommen. Weiterhin treten gelegentlich Magenbeschwerden sowie schmerzhafte Schwellungen der Speicheldrüsen auf, die bei einem Teil der Patienten zu Mundtrockenheit führen. Knochenmarkschäden oder Störungen des Blutbilds sind bei der Radioiodtherapie selten. Eine Radioiodbehandlung darf nicht in der Schwangerschaft durchgeführt werden. Unter der Voraussetzung, dass zwischen der Therapie und einer Schwangerschaft 6-12 Monate liegen, kann jedoch ein erhöhtes Risiko für das Kind mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden. Weitere Angaben zu Nebenwirkungen und Maßnahmen finden Sie bei den FAQs zur Radioiodtherapie.
FAQs zur Radioiodtherapie
Ist die Radioiodtherapie schmerzhaft?Von der Wirkung des Radioiods (es wird als Kapsel geschluckt) spürt der Patient in der Regel nichts. Gelegentlich kommt es zu einer Schwellung des Schilddrüsenrestgewebes mit Halsschmerzen. Dies ist durch Kühlen und Medikamente gut zu behandeln.
Welche Nebenwirkungen gibt es?
Nebenwirkungen wie Haarausfall oder Übelkeit, wie sie etwa von der Chemotherapie bekannt sind, gibt es bei der Radioiodtherapie NICHT. Wegen der Entfernung der Schilddrüse kommt es nach einer Operation zu einer Schilddrüsenunterfunktion. Dies kann unbehandelt zu einer Gewichtszunahme mit Anschwellen von Fingern, Knöcheln und Gesicht führen. Auch Frieren, eine depressive Stimmungslage, allgemeine Schwäche und Müdigkeit oder eine tiefere Stimme KÖNNEN auftreten. Diese Symptome sind jedoch VORÜBERGEHEND und verschwinden, sobald Schilddrüsenhormone eingenommen werden. Nach einer Radioiodtherapie ist daher die lebenslange Einnahme von medikamentös verabreichten Schilddrüsenhormonen erforderlich (dabei handelt es sich um natürliche Hormone, die der Körper lediglich nicht mehr selbst produzieren kann).
Gibt es ein erhöhtes Blutkrebsrisiko durch die Radioiodtherapie?
Dies kann grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden, beschränkt sich jedoch ausschließlich auf Patienten, die extrem hohe Radioioddosen benötigen. Dies ist immer dann der Fall, wenn ein Schilddrüsentumor bereits zahlreiche Metastasen gebildet und ein lebensbedrohliches Ausmaß angenommen hat. Für die Standard-Radioiodtherapie gibt es kein erhöhtes Risiko, an Blutkrebs (Leukämie) zu erkranken.
Sind persönliche Dinge, die ich mit auf die Therapiestation bringe, hinterher verstrahlt?
Nein. Alle mitgebrachten Gegenstände oder Kleidungsstücke können problemlos mit nach Hause genommen werden.
Nach der Entlassung aus dem Krankenhaus:
Muss nach dem Therapieaufenthalt im Krankenhaus noch ein Sicherheitsabstand zu anderen Personen eingehalten werden?
Für einige Tage verbleiben noch geringe Mengen des Radioiods im Körper. Um sicherzugehen, sollten die Patienten den Kontakt zu Schwangeren meiden. Da bei kleinen Kindern eine höhere Strahlenempfindlichkeit besteht als bei Älteren, sollte auch der Kontakt zu unter 10-Jährigen eingeschränkt werden (kein langes Schmusen oder Herumtragen). Dies gilt insbesondere für Kleinkinder bis zwei Jahre. Der Kontakt zu anderen Personen sollte für einen gewissen Zeitraum (Auskunft gibt der behandelnde Nuklearmediziner) eingeschränkt werden (ein Abstand von zwei Metern reicht!)
Ist es gefährlich, schwanger zu werden oder Kinder zu zeugen?
Sicherheitshalber sollte vier bis sechs Monate nach der Radioiodtherapie beides vermieden werden.
Darf nach einer Radioiodtherapie weiter gestillt werden?
Nein, das Stillen muss bereits vor der Therapie beendet werden, da ein minimaler Anteil Radioiod auch mit der Muttermilch abgegeben werden kann.
Kann die gewohnte Arbeit wieder aufgenommen werden?
In der Regel schon, allerdings sollte ein Sicherheitsabstand zu den Kollegen von etwa zwei Metern möglich sein. Dies gilt NICHT für kurze Kontakte, sondern nur für Zeiträume von mehr als zwei Stunden. Eine Ausnahme bilden Berufe, bei denen mit Kindern unter zehn Jahren gearbeitet wird. In diesem Fall stellt der Stationsarzt eine Krankenbescheinigung über den von ihm für sinnvoll erachteten Zeitraum aus.
