
Untersuchungen Diagnostik
Schilddrüsenerkrankungen, gutartig
Begründen die Befragung des Patienten, die körperliche Untersuchung oder die Bestimmung der Schilddrüsenhormonwerte den Verdacht auf eine Schilddrüsenerkrankung, so müssen sich morphologische (Größenveränderung oder Gewebsveränderung der Schilddrüse) und gegebenenfalls funktionsorientierte Untersuchungen der Schilddrüse (Sekretion von Schilddrüsenhormonen, Iodstoffwechsel) anschließen.
Im Rahmen der Erstdiagnostik ist die Schilddrüsensonographie, also die Untersuchung der Schilddrüse mit Ultraschall, stets sinnvoll. Wesentliche Vorteile der Sonographie sind die einfache Durchführbarkeit, die fehlende Belastung für den Patienten und die gute räumliche Auflösung bis zu 1 mm. Die Sonographie dient zum einen der Bestimmung des Schilddrüsenvolumens, wobei in Deutschland folgende Volumina als normal angesehen werden: Frauen bis 18 ml, Männer bis 25 ml, 13-Jährige bis 8 ml, 6-Jährige bis 4 ml. Das Ergebnis ist in größerem Umfang als bei anderen Verfahren vom Erfahrungsstand des Untersuchers abhängig. Hieraus resultieren bei verschiedenen Untersuchern Schwankungen bei der Volumenbestimmung bis zu 20-30 Prozent, insbesondere bei größeren und knotigen Schilddrüsen. Zum anderen gestattet die Sonographie den Nachweis oder den Ausschluss von Knoten im Schilddrüsengewebe mit hoher diagnostischer Genauigkeit, bietet aber funktionell keine Unterscheidung zwischen inaktiven (kalten) und aktiven (warmen oder heißen) Knoten. In der Therapie- und Verlaufskontrolle werden die Verkleinerung des Kropfes (Struma), Änderungen der Größe von Knoten und Zysten, Änderungen des Echomusters bei Morbus Basedow und bei Schilddrüsenentzündungen mithilfe von Ultraschalluntersuchungen überprüft.
Schilddrüsenszintigraphie
Mit der Schilddrüsenszintigraphie wird die regionale Funktion und die funktionelle Aktivität des Schilddrüsengewebes überprüft. Diese funktionelle Bildgebung erlaubt den Nachweis, ob Knoten in der Schilddrüse vermehrt arbeiten (szintigraphisch warme oder heiße Knoten bei Schilddrüsenautonomie: gesteigerter Iodumsatz) oder ob Zellbezirke ihre Funktion eingestellt haben (szintigraphisch kalte Knoten). Da außerdem messbar ist, wieviel des radioaktiv markierten Stoffes in der gesamten Schilddrüse aufgenommen wird, bekommt man auch wertvolle Hinweise auf diffuse, also nicht auf Knoten begrenzte Funktionsstörungen (disseminierte Schilddrüsenautonomie, Morbus Basedow, Autoimmunthyreoiditis Hashimoto, iodinduzierte Hyperthyreose). Nach Radioiodtherapie, nach Schilddrüsenoperation und bei Patienten mit Schilddrüsenautonomie, bei denen primär eine abwartende Haltung gewählt wurde, kann die Schilddrüsenszintigraphie auch zur Verlaufskontrolle eingesetzt werden. Für die Schilddrüsenszintigraphie wird überwiegend Technetium-99m Pertechnetat eingesetzt. Der Einsatz von Iod-123 Natriumiodid wird bei der Frage nach Schilddrüsengewebe außerhalb der Schilddrüse, z.B. im Zungengrund oder im Brustraum, bevorzugt. Die Strahlenexposition ist bei beiden Radiopharmaka sehr gering, sodass es zu keiner Schädigung von Körperzellen kommen kann. Bei der Verwendung von Technetium-99m-Pertechnetat beträgt die effektive Dosis 1 Millisievert (mSv), die Knochenmark- und Gonadendosis 0,1 mSv. Zum Vergleich liegt die natürliche Strahlenexposition bei zwei bis fünf mSv pro Jahr. Vor der Untersuchung ist eine stark erhöhte Iodzufuhr zu vermeiden, da hierdurch die Aufnahme von Technetium-99m bzw. von Radioiod in die Schilddrüse blockiert wird. Wurden wässrige iodhaltige Röntgenkontrastmittel (Nierendiagnostik, Computertomographie, Angiographie) verabreicht, muss mit einer Blockade der Schilddrüse über ein bis zwei Monate gerechnet werden.
Mit einer Suppressions-Szintigraphie können fokale Schilddrüsenautonomien bereits im Anfangsstadium erkannt werden.
Der Patient erhält Schilddrüsenhormontabletten, mit denen die Produktion eines Hormons aus der Hypophyse (Thyreoidea stimulierendes Hormon = TSH) unterdrückt wird. Bei der nachfolgenden Suppressions-Szintigraphie zeigen von der Regulation durch das TSH unabhängige, autonome Knoten eine höhere Aktivitätsaufnahme als das unterdrückte (supprimierte) gesunde Gewebe. Das Ausmaß der Suppression hängt von der Dosierung des Schilddrüsenhormones, wesentlich aber auch von der Dauer der Hormoneinnahme ab. Eine sechswöchige Schilddrüsenhormon-Medikation ist zur Quantifizierung einer Schilddrüsenautonomie zu bevorzugen, insbesondere wenn die Therapieoption für eine konservativ-medikamentöse Strumatherapie oder für eine Radioiodtherapie getroffen werden soll.
Der Radioiod-2-Phasen-Test mit Iod-131 Natriumiodid wird vor einer geplanten Radioiodtherapie zur Dosisberechnung durchgeführt. Der Patient muss sechs Stunden vor und eine Stunde nach der Verabreichung des Radiopharmakons nüchtern bleiben. Abhängig von der Schilddrüsenerkrankung wird die maximale Aktivitätsaufnahme nach 4 bis 48 Stunden gemessen. Soll die effektive Halbwertzeit des Radioiods für die Dosisberechnung bestimmt werden, ist ein weiterer Messwert nach 5 bis 7 Tagen sinnvoll.
Eine Röntgenuntersuchung der Luftröhre (Tracheazielaufnahme) sowie Funktionsprüfungen (Saug- und Pressversuch) können bei Verdacht auf eine funktionelle Tracheaeinengung durchgeführt werden. Die Röntgenuntersuchung der Speiseröhre (Ösophagus) mittels Breischluck eignet sich zur Darstellung einer Verdrängung des Ösophagus durch eine Struma. Die Computertomographie (CT) oder die Kernspintomographie (MR) ist der Sonographie überlegen, falls die Ausdehnung und Größe im Brustraum gelegener Strumaanteile zu beurteilen ist. In Zweifelsfällen erlaubt die Iod-Szintigraphie eine sichere Differenzierung gegenüber anderen mediastinalen Raumforderungen und liefert Aussagen zur Funktion retrosternaler Strumaanteile. Wegen der Gefahr einer iodinduzierten Hyperthyreose bei Schilddrüsenautonomie und wegen der Option auf eine Radioiodtherapie darf die Applikation iodhaltiger Röntgenkontrastmittel nur nach Absprache mit dem behandelnden Nuklearmediziner erfolgen.
Die in-vitro-Parameter des freien Thyroxins (fT4), des freien Triiodthyronins (fT3) und des Thyreoidea stimulierenden Hormons (TSH) charakterisieren laborchemisch den Funktionszustand der Schilddrüse. Bei der Befundinterpretation sollten die Begleiterkrankungen und die Medikation des Patienten bekannt sein. Die Differentialdiagnose von Schilddrüsenfehlfunktionen wird durch die Bestimmung von Autoantikörpern gegen den TSH-Rezeptor (TRAK), gegen die Schilddrüsenperoxidase (TPO Ak) und gegen das Thyreoglobulin (Tg Ak) ergänzt. Bildgebende Verfahren bei Augenveränderungen im Rahmen eines Morbus Basedow (endokrine Orbitopathie) sind die Sonographie, die Computertomographie (CT) und die Kernspintomographie (MR) der Orbita. Die Kernspintomographie erlaubt eine sichere Abgrenzung der endokrinen Orbitopathie gegenüber anderen Krankheiten und ermöglicht durch die gewinkelt koronare Schnittführung eine gute und reproduzierbare Beurteilung der Augenmuskeldicke. Weitere Details sind der Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Nuklearmedizin (DGN) e.V. zur Schilddrüsendiagnostik zu entnehmen.
