Leitlinien
Leitlinie zur Myokard-Perfusions-Szintigraphie
W. H. Knapp
Klinik für Nuklearmedizin, Medizinische Hochschule Hannover
Leitlinie in Anlehnung an Strauss HW, et al. J Nucl Med 1998; 39: 918 - 23.
W. H. Knapp
Klinik für Nuklearmedizin, Medizinische Hochschule Hannover
Leitlinie in Anlehnung an Strauss HW, et al. J Nucl Med 1998; 39: 918 - 23.
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- Zielsetzung
Es ist Aufgabe dieser Leitlinie, Weiterbildungsassistenten und Fachärzten für Nuklearmedizin sowie zuweisenden Kollegen Hilfestellung bei der Indikationsstellung, Durchführung, Befunderstellung und Interpretation der Ergebnisse der Myokard-Perfusions-Szintigraphie zu geben.
- Grundlagen und Definitionen
Die Myokard-Perfusions-Szintigraphie erfolgt nach intravenöser Injektion eines Radiopharmazeutikums, das geeignet ist, die Verteilung des nutritiven myokardialen Blutflusses darzustellen. Somit kann die Perfusions-Szintigraphie genutzt werden, um eine relative oder absolute Verminderung des myokardialen Blutflusses in bestimmten Myokardarealen nachzuweisen, wobei die Verminderung des Blutflusses einer Ischämie oder einer Vernarbung zuzuschreiben sein kann. Die Perfusionsverteilung kann, je nach dem unter welchen Umständen die Injektion des Radiopharmazeutikums erfolgt, im Ruhezustand, unter kardiovaskulärer Stimulation oder unter beiden Bedingungen erfolgen. Die myokardiale Verteilung des Radiopharmakons wird entweder mit der Single-Photon-Emissions-Tomographie (SPECT) oder mit der Positronen-Emissions-Tomographie (PET) aufgezeichnet. Voraussetzung für eine perfusionsäquivalente Verteilung des Radiopharmakons im Myokard ist eine rasche Extraktion und eine anhaltende Retention der Aktivität im Myokard. Die Szintigramme bzw. die Emissions-Tomogramme können durch (qualitative) Inspektion oder mit Hilfe quantitativer Analysemethoden bewertet werden. Für die SPECT sind sowohl Tl-201 als auch Tc-99m-markierte Radiopharmazeutika zugelassen: Tc-99m-Metoxy-Isopropyl-Isonitril (MIBI) und Tc-99m-Tetrofosmin.
Eine signifikante Koronarstenose, sei es daß diese durch eine abnormale koronare Vasoreaktivität oder daß sie durch eine obstruktive koronare Herzkrankheit (KHK) bedingt ist, führt zu einer regional verminderten Aufnahme des Radiopharmazeutikums und zwar im poststenotischen Versorgungsgebiet. Ist das regionale Aktivitätsdefizit nach Injektion des Radipharmazeutikums unter Belastung ausgeprägter als nach Injektion in Ruhe, so handelt es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um ein Myokardareal mit belastungsinduzierter Ischämie. Wenn das Aktivitätsdefizit unter Belastungs-und Ruhebedingungen unverändert ist, so handelt es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um eine Narbe.
Allerdings können konstante Defizite unter bestimmten klinischen Umständen auch Myokardareale repräsentieren, deren zuführende Gefäße hochgradig obstruiert sind, ohne daß eine Vernarbung vorliegt (hibernierendes Myokard).
Wenn Tl-201 als Radiopharmazeutikum verwendet wird, kann die Unterscheidung zwischen Ischämie und Narbe bereits nach einmaliger Injektion erfolgen, indem Früh- und Spätaufnahmen (z.B. 4 h p.i.) angefertigt werden. Wenn Tc-99m-MIBI verwendet wird, sind zur Differenzierung zwischen einer belastungsinduzierten Ischämie und einer Narbe immer zwei Injektionen (unter Belastung und in Ruhe) erforderlich. Die Differenzierung wird dadurch erleichtert, daß vor der Injektion in Ruhe Nitroglyzerin verabreicht wird. Für die Plausibilitätskontrolle der Myokard-Perfusions-Szintigramme (SPECT) ist es hilfreich, eine Herzphasensteuerung der Aufzeichnung (EKG-Triggerung) vorzunehmen und nicht nur die Verteilung der Radioaktivität im Herzmuskel, sondern auch die regionale kontraktile Funktion des Myokards zu bewerten.
- Indikationen
Eine Übersicht über die Indikationen gibt die Tabelle 1. Detailliertere Angaben, insbesondere zu Differentialindikationen für SPECT und PET sind in einem Konsensuspapier veröffentlicht, an dem Nuklearmediziner und Kardiologen mitgewirkt haben (7). Die Aufgaben der Myokard-Perfusions-Szintigraphie können grob in drei Kategorien eingeteilt werden:
- Nachweis/Ausschluß einer myokardialen Ischämie oder Narbe. Im Fall des Nachweises Bestimmung der Lokalisation, der Ausdehnung und des Schweregrades
- Nachweis/Ausschluß einer funktionellen Bedeutung von angiographisch nachgewiesenen Koronarläsionen
- Nachweis/Ausschluß myokardialer Vitalität
a) Diagnostik der KHK
- Nachweis/Ausschluß
- Lokalisation (koronares Versorgungsgebiet)
- Ausdehnung (Zahl der Versorgungsgebiete)
b) Untersuchung der funktionellen Bedeutung einer Koronarstenose oder mehrerer Stenosen, Bestimmung der führenden Stenose im Falle einer Mehrgefäß-KHK
c) Untersuchung der Myokardvitalität - Differenzierung von Ischämie und Narbe
- Prädiktion der Funktionsverbesserung durch Revaskularisierung
d) Risikoabschätzung (Prognose) - nach Myokardinfarkt
- vor größerem chirurgischem Eingriff mit besonderem Risiko für kardiale Ereignisse
e) Therapiekontrolle einer - koronaren Revaskularisation
- medikamentösen Therapie
- Modifizierung der Lebens- und Ernährungsgewohnheiten
Tab. 1: Klinische Indikationen für die Myokard-Perfusions-Szintigraphie.
- Nachweis/Ausschluß einer myokardialen Ischämie oder Narbe. Im Fall des Nachweises Bestimmung der Lokalisation, der Ausdehnung und des Schweregrades
- Typische klinische Problemstellungen für die Myokard-Perfusions-Szintigraphie
- Bekannte oder vermutetete KHK
- Nachweis einer KHK (auch Schweregrad)
- Prognosestellung (Risiko-Stratifizierung auf der Grundlage der Ausdehnung ischämischen Myokards, der ventrikulären Dilatation und der Aktivitätsaufnahme durch die Lungen).
- Differenzierung zwischen koronarer und nicht-koronarer Ätiologie bei Patienten mit Thoraxschmerz.
- Nachweis einer KHK (auch Schweregrad)
- Verlaufsuntersuchungen von Patienten mit bekannter KHK
Wirkungskontrolle (kurz- und langzeitig)
- Revaskularisationsmaßnahmen (Bypass-OP, Angioplastie etc.) bei Patienten mit rezidivierender Symptomatik.
- Medikamentöse bzw. konservative Therapie.
- Veränderungen von Ernährungs- und Lebensweise.
- Revaskularisationsmaßnahmen (Bypass-OP, Angioplastie etc.) bei Patienten mit rezidivierender Symptomatik.
- Bekannte oder vermutete dilatative Herzerkrankung
Differenzierung ischämischer und idiopathischer Formen.
- Bekannte oder vermutetete KHK
- Durchführung der Untersuchung
- Vorbereitung
- Myokard-Perfusions-Szintigraphie nach Ruhe-Injektion: Im allgemeinen erfolgt die Untersuchung im Nüchternzustand. Das Absetzen von nicht herzwirksamen Medikamenten vor der Perfusions-Untersuchung ist nicht erforderlich. Auf jeden Fall sollte aber ein guter intravenöser Zugang für die Applikation des Radiopharmazeutikums zur Verfügung stehen. Strahlungsabsorbierende Gegenstände im Thoraxbereich sollten vor der Aufnahme entfernt werden. Implantierte absorbierende Gegenstände (Metall, Silikon etc.) müssen als mögliche Ursachen für Artefakte durch Abschwächung der Strahlung beachtet werden.
- Myokard-Perfusions-Szintigraphie nach Belastungsinjektion: Alle Formen der Belastung (s. Tab. 2) müssen von einem qualifizierten Arzt überwacht werden. Empfohlen wird eine Nüchternphase von mind. 4 h vor der Durchführung der Belastungsstudie. Generell wird gefordert, daß Patienten mindestens 48 h lang hämodynamisch und klinisch stabil sein müssen, bevor eine Belastungsuntersuchung durchgeführt wird. Bei Patienten, die aus nicht-kardialen Gründen (z.B. Arthritis, Amputation, neurologische Erkrankungen) zur ergometrischen Belastung nicht in der Lage sind, kann eine pharmakologische Belastung durchgeführt werden. Dazu können entweder Pharmaka verwendet werden, die eine koronare Hyperämie erzeugen oder eine verstärkte Kontraktionstätigkeit (positive Inotropie). Bei allen anderen Patienten, die adäquat ergometrisch belastbar sind, ist diese Belastungsart vorzuziehen. Falls medizinisch nicht kontrainidiziert, müssen zumindest im Rahmen der Vorfelddiagnostik Medikamente wie Betablocker, die Herzfrequenz- und Blutdruckveränderungen durch Belastung modifizieren können, für die diagnostischen Tests abgesetzt werden. Für die Applikation des Radiopharmazeutikums während der Belastung muß ein sicherer intravenöser Zugang gewährleistet sein. Patienten, die fahrradergometrisch belastet werden sollen, sollte vorher angeraten werden, bequeme Kleidung und Schuhe anzuziehen.
- Pharmakologische Belastung: Zwei Arten pharmakologischer Belastung können für die Myokard-Perfusions-Szintigraphie eingesetzt werden (Tab. 2).
- Pharmaka, die eine Vasodilatation hervorrufen, werden eingesetzt, um eine koronare Hyperämie zu erzeugen (z.B. Dipyridamol, Adenosin). Koffeinhaltige Getränke und Methylxanthin-enthaltende Medikamente müssen mindestens 12 h vor pharmakologischer Belastung (für langwirksame Methylxanthin-Präparate entsprechend länger) abgesetzt werden, da diese die Auslösung einer koronaren Hyperämie verhindern können. Wenn möglich, können die Patienten auch zusätzlich zur pharmakologischen Belastung auf niedriger Stufe ergometrisch belastet werden, um typische Symptome, die durch Vasodilatatoren hervorgerufen werden, zu vermeiden und um die subdiaphragmale Aufnahme des Radiopharmakons zu vermindern.
Wenn Dipyridamol als Vasodilatator verwendet wird, kann der Antagonist Aminophyllin oder ein koffeinhaltiges Getränk im Anschluß an die Injektion des Radiopharmazeutikums verabreicht werden, um die Wirkungen des Vasodilatators rückgängig zu machen. Im Falle von Adenosin ist dieses Vorgehen nicht notwendig, da diese Substanz eine sehr kurze Wirkungsdauer besitzt.
- Inotrop und chronotrop wirksame adrenergische Substanzen können verwendet werden, um den myokardialen Sauerstoffverbrauch zu steigern (z. B. Dobutamin, Arbutamin). Pharmaka, die die chronotrope Wirkung auf den adrenergen Stimulus blockieren können (z.B. beta-adrenerge Blocker) müssen beachtet werden. Bei einigen Patienten kann Atropin erforderlich sein, um die Wirkung von Dobutamin auf die Herzfrequenz zu steigern. Vor der pharmakologischen Belastung sollten die Patienten mindestens 4 h lang nüchtern bleiben.
- Pharmaka, die eine Vasodilatation hervorrufen, werden eingesetzt, um eine koronare Hyperämie zu erzeugen (z.B. Dipyridamol, Adenosin). Koffeinhaltige Getränke und Methylxanthin-enthaltende Medikamente müssen mindestens 12 h vor pharmakologischer Belastung (für langwirksame Methylxanthin-Präparate entsprechend länger) abgesetzt werden, da diese die Auslösung einer koronaren Hyperämie verhindern können. Wenn möglich, können die Patienten auch zusätzlich zur pharmakologischen Belastung auf niedriger Stufe ergometrisch belastet werden, um typische Symptome, die durch Vasodilatatoren hervorgerufen werden, zu vermeiden und um die subdiaphragmale Aufnahme des Radiopharmakons zu vermindern.
- Myokard-Perfusions-Szintigraphie nach Ruhe-Injektion: Im allgemeinen erfolgt die Untersuchung im Nüchternzustand. Das Absetzen von nicht herzwirksamen Medikamenten vor der Perfusions-Untersuchung ist nicht erforderlich. Auf jeden Fall sollte aber ein guter intravenöser Zugang für die Applikation des Radiopharmazeutikums zur Verfügung stehen. Strahlungsabsorbierende Gegenstände im Thoraxbereich sollten vor der Aufnahme entfernt werden. Implantierte absorbierende Gegenstände (Metall, Silikon etc.) müssen als mögliche Ursachen für Artefakte durch Abschwächung der Strahlung beachtet werden.
- Notwendige klinische Informationen vor der Untersuchung
Eine kardiovaskuläre Anamnese und die Ergebnisse einer kardio-respiratorischen Untersuchung einschließlich der Basis-Vitalparameter sollten vor Beginn der Belastungsuntersuchung zur Verfügung stehen. Besondere Beachtung ist der Anamnese, der vorangegangenen Medikation, den Symptomen, kardialen Risikofaktoren, vorangegangenen diagnostischen oder therapeutischen Maßnahmen und der Indikationsstellung für die aktuelle Untersuchung zu schenken. Ferner soll ein Zwölf-Kanal-Elektrokardiogramm vor Beginn der Belastungsuntersuchung zur Verfügung stehen (akute Ischämie, Arrhythmie, Leitungsstörungen). Bei Patienten mit Insulin-pflichtigem Diabetes mellitus sollte am Tag der Untersuchung eine optimale Einstellung des Blutzuckers vorliegen.
- Vorsichtsmaßnahmen/Kontraindikationen
- Ergometrische Belastung: Kontraindikationen bezogen auf die Ergometrie sind instabile Angina pectoris mit vorangegangener Angina in einem Zeitraum von weniger als 48 h, kongestive Herzinsuffizienz, abgelaufener Myokardinfarkt (innerhalb von 2 - 4 Tagen vor der Untersuchung), systemischer nicht-behandelter oder therapierefraktärer Hypertonus (systolisch >220 mmHg, diastolisch >120 mmHg) oder pulmonaler Hochdruck, lebensbedrohliche Arrhythmie, fortgeschrittener atrioventrikulärer Block (ohne Schrittmacher), akute Myokarditis, akute Perikarditis, schwere Mitral- oder Aortenklappenstenose, schwere obstruktive Kardiomyopathie. Weiterhin kann die Ergometrie beeinträchtigt werden durch neurologische oder orthopädische Erkrankungen, Arthritis, schwere Lungenerkrankung, periphere Gefäßerkrankungen oder eingeschränkte physische oder mentale Koordination.
- Pharmakologische Belastung: Patienten mit Anamnese eines Bronchospasmus, auch anderer pulmonaler Erkrankungen (Asthma, pulmonaler Hypertonus), systemischer Hypotension (systolisch < 90 mmHg), mit schwerer Mitralklappenerkrankung oder anamnestisch bekannter Hypersensitivität gegenüber Dipyridamol oder Adenosin, sollten einer vasodilatatorischen Stimulation mit Dipyridamol oder Adenosin nicht unterzogen werden. Das gleiche gilt für Patienten, die Methylxanthin-haltige Medikamente gegen Bronchospasmus einnehmen müssen. Bei diesen Patienten können ino- bzw. chronotrop wirksame Substanzen Einsatz finden.
Patienten mit fortgeschrittenem atrioventrikulärem Block (II oder III) oder mit »Sick-Sinus-Syndrom« sollten ebenfalls nicht mit Adenosin, wegen dessen negativ-dromotropen Effekts (SA- und AV-Knoten), untersucht werden. Weitere Kontraindikationen für vasodilatatorische Substanzen sind abgelaufener Myokardinfarkt (<=2 d), instabile Angina, schwere Aortenstenose, schwere obstruktive hypertrophische Kardiomyopathie und schwere orthostatische Hypotension. Der Einsatz von Dipyridamol oder Adenosin wird während der Schwangerschaft und in der Laktationsphase nicht empfohlen. Ino- bzw. chronotrop wirksame Substanzen sind bei Patienten mit ventrikulärer Tachyarrhythmie kontraindiziert. Sie sind nur mit größter Vorsicht bei Patienten mit obstruktiver oder hypertrophischer Kardiomyopathie oder in der frühen Post-Infarktphase einzusetzen.
- Notfallmaßnahmen: Instrumentierung und Medikamente für den kardialen Notfall müssen in unmittelbarer Nachbarschaft der Belastungsstelle zur Verfügung stehen. Ein Arzt mit der notwendigen Notfallerfahrung muß während der Belastungs- und Erholungsphase unmittelbar präsent sein. Ein EKG muß kontinuierlich während der Belastung und während der Erholungsphase registriert werden. Vitalparameter (Herzfrequenz und Blutdruck) sowie ein Zwölf-Kanal-EKG sind in regelmäßigen Intervallen während der Belastungs- und Erholungsphase aufzuzeichnen und zu dokumentieren. Das Auftreten oder Fehlen von Symptomen einer Myokardischämie oder pharmakologischen Belastung sind in regelmäßigen Zeitabständen (z.B. alle 1 - 2 min) zu erheben. Bei Patienten mit implantiertem Defibrillator kann vorübergehend eine Veränderung der Einstellung erforderlich werden, um einer belastungsinduzierten Auslösung vorzubeugen. Ein nicht einwandfreies Funktionieren des Gerätes ist eine absolute Indikation für den Abbruch der Belastung.
- Ergometrische Belastung: Kontraindikationen bezogen auf die Ergometrie sind instabile Angina pectoris mit vorangegangener Angina in einem Zeitraum von weniger als 48 h, kongestive Herzinsuffizienz, abgelaufener Myokardinfarkt (innerhalb von 2 - 4 Tagen vor der Untersuchung), systemischer nicht-behandelter oder therapierefraktärer Hypertonus (systolisch >220 mmHg, diastolisch >120 mmHg) oder pulmonaler Hochdruck, lebensbedrohliche Arrhythmie, fortgeschrittener atrioventrikulärer Block (ohne Schrittmacher), akute Myokarditis, akute Perikarditis, schwere Mitral- oder Aortenklappenstenose, schwere obstruktive Kardiomyopathie. Weiterhin kann die Ergometrie beeinträchtigt werden durch neurologische oder orthopädische Erkrankungen, Arthritis, schwere Lungenerkrankung, periphere Gefäßerkrankungen oder eingeschränkte physische oder mentale Koordination.
- Radiopharmazeutika
Die heute kommerziell erhältlichen Radiopharmazeutika für die Myokard-Perfusions-Szintigraphie sind in Tabelle 3 aufgeführt. Unter Berücksichtigung der Dosimetriedaten ist die zu applizierende Gesamtaktivität (evtl. für Belastungs- und Ruheinjektion) limitiert. Ein sicherer intravenöser Zugang ist für eine sichere Applikation der Radiopharmazeutika erforderlich.
- Aufzeichnung
Die Aufzeichnung erfolgt mit Hilfe der SPECT und kann zusätzlich oder in Ausnahmefällen auch planar erfolgen. Je nach zur Verfügung stehendem Gerät erfolgen die der Rekonstruktion zugrundelegenden planaren Einzelaufnahmen auf einem 180°- oder 360°-Kreisbogen. Da die Gesamtaufnahmezeit, innerhalb derer keine Bewegung des Oberkörpers erfolgen darf, 15 - 30 min beträgt, muß der Patient bequem auf der Untersuchungsliege gelagert werden. Dabei ist darauf zu achten, daß der linke Arm nicht im Gesichtsfeld der Kamera liegt. Üblicherweise wird eine Rückenlage bevorzugt; in Einzelfällen kann eine Bauchlage wegen Verminderung der diaphragmalen Photonenabschwächung zu besserer Abbildungsqualität führen. Die für die dreidimensionale Rekonstruktion notwendigen Basisaufnahmen werden entweder schrittweise aufgezeichnet (in Winkelabständen von 3 - 6°) oder kontinuierlich, während einer langsamen Rotation des Detektorsystems um den Patienten. Die Akquisitionszeit für jede einzelne Detektorposition muß von der verwendeten Aktivität abhängig gemacht werden. Für Tl-201 und niedrig dosierte Tc-99m-Radiopharmaka werden meistens Zeitintervalle von 40 sec verwendet, für hochdosierte Tc-99m-Radiopharmaka meist 25 sec.
Eine herzphasengesteuerte Aufzeichnung (EKG-Triggerung) ist notwendig, wenn gleichzeitig die kontraktile Funktion des linken Ventrikels registriert werden soll. In der Regel kommt dies bei Verwendung hochdosierter Tc-99m-Radiopharmaka in Betracht. Die Ableitung des EKGs erfolgt dann mit strahlendurchlässigen Elektroden und einem Zusatzgerät für die Herzphasensteuerung. Die Detektoren müssen entweder mit einem Niederenergie-Allzweck-Kollimator oder mit einem hochauflösenden Kollimator ausgestattet sein.
Sinnvoll ist bisweilen, vor der SPECT noch eine planare Szintigraphie in anteriorer Sicht anzufertigen, um die Aufnahme des Radiopharmakons durch die Lungen zu bestimmen (Herz-Lungen-Quotient). Die meisten modernen Detektionssysteme sind für die Aufzeichnung von Transmissionsaufnahmen geeignet. Eine Korrektur der Emissionstomogramme durch entsprechende Transmissions-Datensätze kann Artefakte durch Photonenschwächung vermindern helfen. Für die Bearbeitung der Rohdaten müssen geeignete Filter- und Glättungsalgorithmen verwendet werden (individuelle Auswahl je nach Gerätetyp und Radiopharmakon).
Befundung der Aufnahmen:
In einem ersten Schritt wird die Qualität der Myokard-Perfusions-Untersuchung bewertet, indem vor allem auf mögliche Artefakte geprüft wird. Besonderes Augenmerk verdienen Probleme bei der Bildbearbeitung, mögliche Patientenbewegungen während der Aufnahmezeit und die Frage, ob die Impulsdichte in den das Myokard repräsentierenden Bildarealen wirklich der myokardialen Aktivitätsverteilung entspricht (mögliche Artefakte durch benachbarte Strukturen oder durch gefilterte Rückprojektion). Erst danach schließt sich eine semiquantitative oder quantitative Interpretation der Aufnahmen an. Bei der Befundung von SPECT-Aufnahmen sollten zusätzlich zu den rekonstruierten Tomogrammen auch die zugrundeliegenden Projektionsaufnahmen in Form einer kinematischen Darstellung zur Prüfung auf mögliche Patientenbewegungen betrachtet werden. Falls es zu erheblichen Patientenbewegungen während der Aufzeichnungsperiode gekommen ist, müssen die Aufnahmen neu angefertigt werden. Die Rekonstruktion der Tomogramme erfolgt entweder mit Hilfe der gefilterten Rückprojektion oder durch iterative Rekonstruktion. Planare und tomographische Darstellungen sollten möglichst immer direkt am Bildschirm begutachtet werden, um Einflüsse von Kontrast und Helligkeit auf den visuellen Eindruck berücksichtigen zu können.
Beim Vergleich zweier sukzessiver Bildserien (Ruhe- und Belastungsaufnahmen) muß zunächst geprüft werden, ob beide Bildserien hinsichtlich Lage der Ventrikelachsen und der Schnittebenen direkt vergleichbar sind (s. hierzu auch die Empfehlungen der Arbeitsgemeinschaft Standardisierung, Clausen, et al. 1997). Beide Bildserien sollten auf das jeweilige myokardiale Aktivitätsmaximum normalisiert sein, so daß die Aktivität in unterschiedlichen Wandabschnitten und die Hintergrundaktivität verglichen werden können. Die Bilddarstellung kann entweder mit einer Grauskala oder in Farbe erfolgen. Vor allem bei der Verwendung von Farbskalen ist ein exzessiver Kontrast zu vermeiden, der dazu führen kann, daß geringfügige Verminderungen der Impulsdichte fälschlich als Defekte gedeutet werden. Rechnergestützte quantitative Auswertungen können helfen, Größe und Ausprägung von Perfusionsanomalien anzugeben und die regionale Eliminationsrate der myokardialen Aktivität anhand sukzessive angefertigter Bildserien zu bestimmen. Wenn die Aufnahmen Herzphasen-gesteuert aufgezeichnet wurden, sollten die Bilder summiert, also ohne Berücksichtigung der Herzphasen, und zusätzlich kinematisch dargestellt werden, um die regionale Wandbewegung und die Wanddickenveränderung zu beurteilen.
- Ergometrische Belastung
- submaximal
- symptomlimitiert
- maximal
- Pharmakologische Belastung
Vasodilatatoren
Dipyridamol
Adenosin
- Ino-/chronotrope Pharmaka
Arbutamin
Dobutamin
Dobutamin + Atropin
Tab. 2: Belastungsmodalitäten.
- Ergometrische Belastung
- Interventionen
Belastungstests, wie oben beschrieben
- Bildverarbeitung
Die quantitative Analyse der myokardialen Perfusionsverteilung richtet sich auf die relative Aktivität in jedem myokardialen Wandabschnitt, bezogen auf die maximale segmentale Aktivität des Myokards. Die individuelle relative Aktivitätsverteilung wird verglichen mit einer normalen Datenbasis. Wie bereits oben ausgeführt, ist es wichtig, die Aufnahmen vor dieser quantitativen Analyse einer kritischen Würdigung hinsichtlich möglicher Artefakte zu unterziehen. Falls größere Artefakte auszuschließen sind, werden die zu quantifizierenden Myokardsegmente ausgewählt, die Grenzen des Myokards auf dem Bildschirm definiert. Die Auswerteprogramme erledigen dann die Berechnung und die Darstellung der relativen Aktivitätsverteilung. Wie auch bei anderen Quantifizierungen im Rahmen der bildunterstützenden Diagnostik können auch im Fall der Myokard-Perfusions-Szintigraphie die numerischen Daten die Interpretation eines erfahrenen Untersuchers ergänzen, nicht ersetzen.
Radiopharmakon Übliche Aktivität
(MBq)Kritisches Organ
(mGy/MBq)Eff. Dosisäquiv.
(mSv/MBq)TI-201-Chlorid 75 - 150 0,54 Nieren 0,23 Tc-99m-MIBI 750 - 1100 0,036 Gallenblase 0,0085 Tc-99m-Tetrofosmin 750 - 1100 0,031 Gallenblase 0,0085
(0,03Tab. 3: Radiopharmaka und Dosimetrie.
- Interpretation/Berichtabfassung
Wie bereits oben hervorgehoben, muß jeder Interpretation von Myokard-Szintigrammen eine sorgfältige Analyse auf mögliche Artefakte (Abschwächung, Bewegung, nicht-plausibel überhöhtes Aktivitätsmaximum), die den visuellen Eindruck des Myokards beeinflussen können, vorangehen. Nach weitgehendem Ausschluß von Artefakten konzentriert sich die Bewertung der Aufnahmen auf Segmente verminderter Aktivitätskonzentration (getrennt für Belastungs- und Ruheaufnahmen bzw. für Früh- und Spätphase). Myokardsegmente mit Aktivitätsdefizit nach Ruheinjektion werden normalerweise mit einer myokardialen Vernarbung in Verbindung gebracht.
Defizite, die nur auf den Belastungsaufnahmen zu erkennen oder auf den Belastungsaufnahmen stärker ausgeprägt sind als auf den Ruheaufnahmen, repräsentieren in der Regel eine belastungsinduzierte myokardiale Ischämie. Weitere nützliche Kriterien sind erhöhte Lungenaktivität im Verhältnis zur myokardialen Aktivität oder Dilatation des links-ventrikulären Cavums, beides indirekte Zeichen einer schweren links-ventrikulären Dysfunktion. Im Rahmen der Vitalitätsdiagnostik wird Tl-201 häufig ausschließlich in Ruhe injiziert. In diesem Fall werden Frühaufnahmen mit Aufnahmen einige Stunden später verglichen. Eine Zunahme der relativen Aktivitätskonzentration in einem Myokardsegment ist ein Zeichen dafür, daß vitales Myokard mit eingeschränkter Ruheperfusion vorliegt.
- Qualitätskontrolle
Siehe allgemeine Richtlinien zur Qualitätskontrolle der DGN sowie Richtlinien zum Strahlenschutz.
- Fehlerquellen/Fehlervermeidung
- Applikation des Radiopharmakons: Interstitielle (nicht-intravenöse) Injektion des Radiopharmakons wegen inadäquater Lage des intravenösen Zugangs. Dadurch verminderter Transport des Radiopharmakons zum Myokard und Veränderung der Aufnahme- und Eliminationskinetik. Im Falle geringer myokardialer Zählraten sollte daher die Injektionsstelle mit der Gammakamera überprüft werden.
- Bewegung des Patienten: Bewußte oder unbewußte Bewegungen des Patienten während der Aufzeichnungszeit rufen Bildverzerrungen und artifizielle Defizite in den das Myokard repräsentierenden Bildarealen hervor. Diesen Artefakten läßt sich vorbeugen durch bequeme und stabile Lagerung des Patienten. Kleinere Bewegungsartefakte können mit Vorsicht durch Rearrangieren der Daten korrigiert werden.
- Unzureichende Belastung: Wird die geschlechts- und altersbezogene 85prozentige maximale Herzfrequenz nicht erreicht, so vermindert dies die Sensitivität der Untersuchung für die Erkennung einer koronaren Herzkrankheit. Antianginöse Medikamente oder im Fall pharmakologischer Belastung Medikamente, die die Wirkung blockieren, schränken die Sensitivität ebenfalls ein.
- Ungeeignete Bildverarbeitung: Die Bearbeitung der rückprojizierten tomographischen Rohdaten durch ungeeignete Filter können die Bildqualität deutlich verschlechtern. Daher sollen nur empfohlene Filter und Rekonstruktionsparameter verwendet werden. Inkorrekte Normalisierungen der Zählraten bei den Belastungs- und Ruheaufnahmen können dazu führen, daß die Aufnahmen für eine diagnostische Bewertung nicht vergleichbar sind.
- Schwächungsartefakte: Wird die Schwächung von Photonen durch Weichteilgewebe (Mamma, Fett, abdominale Strukturen etc.) nicht erkannt bzw. berücksichtigt, so führt dies zu falsch-positiven Ergebnissen der visuellen oder quantitativen Bildanalyse.
- Intestinale Aktivitätsanreicherung: Hepatobiliäre Ausscheidung von MIBI kann Beurteilung der Hinterwand erschweren.
- Abweichungen bei Sichten oder rekonstruierten Schichten: Für den Vergleich von Belastungs- und Ruheaufnahmen (bzw. Früh- und Spätaufnahmen nach Tl-201-Injektion) müssen identische Sichten und vergleichbare tomographische Schichten herangezogen werden. Abweichungen der Schnittebenen können zu falschen Schlußfolgerungen führen.
- Kontrolle der Rohdaten: Vor der Bewertung der rekonstruierten tomographischen Datensätze ist es sehr zu empfehlen, die tomographischen Rohdaten in einem rotierenden kinematischen Format auf Abschwächungsartefakte oder Strukturen erhöhter Aktivität (z.B. Lunge, Leber, Darm, Niere oder andere Strukturen) zu überprüfen. Wenn möglich, sollten entsprechende Schritte unternommen werden, um diese Probleme zu beseitigen, andernfalls muß die Aufzeichnung erneut erfolgen.
- Definition der »Regions of Interest« (ROI): Bei der quantitativen Auswertung der regionalen myokardialen Aktivität und der Lungenaktivität ist darauf zu achten, daß die ROIs keine benachbarten aktivitätshaltigen Strukturen einschließen. Für die Berechnung des Herz-Lungen-Quotienten sollten ROIs ähnlicher Größe in Bildarealen plaziert werden, die Lunge und Myokard repräsentieren, aber unter Aussparung der anterioren und anterolateralen Wandabschnitte, da sich hier Lungen- und Myokardaktivität überlappen können.
- Applikation des Radiopharmakons: Interstitielle (nicht-intravenöse) Injektion des Radiopharmakons wegen inadäquater Lage des intravenösen Zugangs. Dadurch verminderter Transport des Radiopharmakons zum Myokard und Veränderung der Aufnahme- und Eliminationskinetik. Im Falle geringer myokardialer Zählraten sollte daher die Injektionsstelle mit der Gammakamera überprüft werden.
- Vorbereitung
Literatur
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- American College of Physicians/American College of Cardiology/ American Heart Association Task Force on Clinical Privileges in Cardiology. Clinical competence in exercise testing: a statement for physicians from the American College of Physicians/Amercian College of Cardiology/American Heart Association Task Force on Clinical Privileges in Cardiology. J Am Coll Cardiol 1990; 16: 1061-5.
- Committe on Advanced Cardiac Imaging and Technology, Council on Clinical Cardiology, American Heart Association; Cardiovascular Imaging Committee, American College of Cardiology; Amercian Heart Association; and Board of Directors, Cardiovascular Council, Society of Nuclear Medicine. Standardization of cardiac tomographic imaging. J Nucl Med 1992; 33: 1434-5.
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- Schwaiger M, et al. Indikationen für die klinische Anwendung der Positronen-Emissions-Tomographie in der Kardiologie. Z Kardiol 1996; 85: 453-68.
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