Leitlinien
Leitlinie für die Radioimmuntherapie des rezidivierenden oder refraktären CD20-positiven follikulären B-Zell-Non-Hodgkin-Lymphoms
verabschiedet von der Deutschen Gesellschaft für Nuklearmedizin (DGN) und der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie (DGHO) am 27. Juli 2009
M. Fischer, F. Grünwald, W.H. Knapp, L. Trümper, C. von Schilling, M. Dreyling
verabschiedet von der Deutschen Gesellschaft für Nuklearmedizin (DGN) und der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie (DGHO) am 27. Juli 2009
M. Fischer, F. Grünwald, W.H. Knapp, L. Trümper, C. von Schilling, M. Dreyling
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- Zielsetzung
Ziel dieser Leitlinie ist die Unterstützung des Arztes für Nuklearmedizin bei der Auswahl und Betreuung geeigneter Patienten, bei denen eine Radioimmuntherapie wegen eines CD20-positiven follikulären Lymphoms (NHL) vom B-Zell-Typ durchgeführt werden soll. Dies schließt Informationen über die Therapiedurchführung sowie die Behandlung möglicher Nebenwirkungen ein.
- Hintergrundinformationen und Definitionen
- Definitionen
- Unter Radioimmuntherapie eines CD20-positiven follikulären NHL vom B-Zell-Typ versteht man die intravenöse Injektion von 90Yttrium-markiertem Ibritumomab-Tiuxetan.
- Physikalische Charakteristika:
Nuklid 90Yttrium [90Y] Pharmazeutikum Ibritumomab-Tiuxetan Halbwertszeit (Tage) 2,67 max. β-Energie (MeV) 2,281 mittl. Reichweite Weichteil (mm) 3,6 γ-Energie keV (%) -
90Yttrium(III)-Chlorid entsteht durch den Zerfall der radioaktiven Vorläufersubstanz 90Strontium (90Sr). Es zerfällt unter Freisetzung von Beta-Strahlung mit einer maximalen Energie von 2,281MeV (99.98%) in stabiles Zirkonium (90Zr). Ibritumomab-Tiuxetan (Zevalin®) ist ein gentechnisch aus einer Ovarialzelllinie des chinesischen Goldhamsters (CHO) hergestellter und mit dem Chelatbildner MXDTPA konjugierter muriner Anti-CD-20-Antikörper. Zevalin wird als Kit für die Zubereitung von mit 90Y markiertem Ibritumomab-Tiuxetan zur Infusion angeboten. Eine Durchstechflasche enthält 3,2 mg (1,6 mg/ml) Ibritumomab-Tiuxetan. Im Kit befinden sich weiter: 2 ml Natriumacetatlösung in einer Durchstechflasche, 10 ml einer Formulierungspufferlösung in einer Durchstechflasche sowie eine leere 10 ml Reaktionsflasche.
Die endgültige Formulierung nach radioaktiver Markierung enthält 2,1 mg Ibritumomab-Tiuxetan in einem Gesamtvolumen von 10 ml.
- Der Antikörper Ibritumomab-Tiuxetan ist gegen das CD20-Antigen gerichtet, das an der Oberfläche gesunder und maligner B-Lymphozyten exprimiert wird.
- Hintergrund
Die intravenöse Verabreichung von 90Y-markiertem Zevalin ist durch die EMEA unter der Nummer EU/1/03/264/001 für die Behandlung von Patienten mit CD20-positiven follikulären Non-Hodgkin-Lymphomen vom B-Zell-Typ, die nach einer Rituximabtherapie rezidivieren oder auf Rituximabtherapie refraktär sind, oder die nach CHOP-ähnlicher Therapie eine erste Remission erreicht haben, zugelassen. Ärzte, die eine solche Behandlung durchführen, sollten mit der Grunderkrankung und dem Krankheitsverlauf vertraut sein sowie mit den Kollegen, die die onkologische Betreuung dieser Patienten durchführen, eng zusammenarbeiten. Eine besondere Unterweisung in das radiochemische Markierungsverfahren ist erforderlich. Die Durchführung der Therapie unterliegt den entsprechenden Richtlinien der Strahlenschutzverordnung in ihrer gültigen Version.
- Definitionen
- Indikationen
Das genannte radioaktive Pharmakon ist indiziert zur Behandlung von Patienten mit CD20-positivem follikulärem NHL, das nach einer Rituximabtherapie rezidiviert ist oder sich als refraktär erwies. Die Indikation zur 90Y-Zevalin-Therapie wird gemeinsam vom Nuklearmediziner mit dem hämatologisch-onkologischen Kollegen gestellt (und unter Verantwortung des Nuklearmediziners durchgeführt). Dazu gehört die Beurteilung und Verlaufskontrolle arzneimittelbedingter Lungentoxizitäten und von Arzneimittelinteraktionen (z.B. Bleomycin oder Amiodarone).
90Y-markiertes Zevalin ist seit 2008 zudem zugelassen als Konsolidierungstherapie nach CHOP-ähnlicher Therapie bei Patienten in erster Remission eines follikulären Lymphoms. Der Nutzen von Zevalin nach Rituximabbehandlung in Kombination mit Chemotherapie ist nicht belegt.
* - Kontraindikationen
absolute:- Schwangerschaft und Stillzeit
- Bekannte Überempfindlichkeit gegenüber Ibritumomab-Tiuxetan, Yttriumchlorid, anderen murinen Proteinen oder einem der sonstigen Bestandteile
relative:- Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren
- ausgeprägte Knochenmarkdepression (< 1.500/mm3 Leukozyten; < 100.000 mm3 Thrombozyten)
- Infiltration des Knochenmarks durch Lymphomzellen mit einem Anteil an den kernhaltigen Zellen von >25%
- Zustand nach externer Bestrahlung von >25% des aktiven Knochenmarks
- Zustand nach Knochenmark- oder Stammzelltransplantation
- nachweisbare humane Anti-Maus-Antikörper nach einer Vorbehandlung mit murinen monoklonalen Antikörpern wegen der höheren Wahrscheinlichkeit allergischer Reaktionen oder Überempfindlichkeitsreaktionen unter der Therapie
Bei einer relativen Kontraindikation sollte die Radioimmuntherapie nur in Absprache mit dem hämatologisch-onkologischen Kollegen und bevorzugt im Rahmen von Studien durchgeführt werden. Gerade auch bei Behandlungen außerhalb der Zulassung bzw. mit relativen Kontraindikationen (z.B. nach Stammzelltransplantation) sollte ebenfalls die Dokumentation im von Nuklearmedizinern und Onkologen betriebenen deutschen RIT-Registers (www.rit-deutschland.de) erfolgen.
- Vorgehen
- Anforderungen an die Therapieeinrichtung:
- Die Therapie mit 90Y-markiertem Zevalin darf nur in Einrichtungen durchgeführt werden, die die Voraussetzungen zur Behandlung mit offenen radioaktiven Stoffen nach Ziffer 6.3. der „Richtlinie Strahlenschutz in der Medizin“ besitzen.
- Aufgrund der komplexen Vorgänge bei der Markierung sowie der erforderlichen Qualitätskontrollen handelt es sich bei dieser Therapie nicht um eine Standardtherapie gemäß der o.g. Richtlinie, sodass die Anwesenheit eines Medizinphysikexperten erforderlich ist.
- Die durchführenden Personen müssen die erforderlichen Qualifikationsanforderungen nach der „Richtlinie Strahlenschutz in der Medizin“ erfüllen.
- Ein Vertreter der nuklearmedizinischen Institution sollte dauerhaft die Aufgabe der zeitlichen und logistischen Koordination aller Vorbereitungs- und Behandlungsschritte mit der zuweisenden hämato-onkologischen Institution, den an der Bereitstellung des Radiopharmakons mitwirkenden Institutionen und anderen Beteiligten übernehmen.
- Die Therapie sollte in enger Zusammenarbeit mit den Kollegen/innen erfolgen, die die Patienten wegen der Grunderkrankung betreuen.
- Der Nuklearmediziner ist für die Behandlung und damit für die Folgen der Behandlung verantwortlich. Er muss vor Planung der Therapie die sicherheitsrelevanten Eignungskriterien des Patienten geprüft und mit dem Patienten alle technischen und klinischen Aspekte der Radioimmuntherapie besprochen haben.
- Der Nachweis einer Schulung im radiochemischen Markierungsverfahren einschließlich der Qualitätskontrolle ist erforderlich. Über die Schulung und praktische Unterweisung durch befähigte Personen ist ein Nachweis zu führen. Die Deutsche Gesellschaft für Nuklearmedizin stellt danach ein Zertifikat aus.
- Der Nuklearmediziner muss an den späteren Nachuntersuchungen der Patienten beteiligt werden, um eine Qualitätskontrolle zu ermöglichen.
- Die Entsorgung möglicher radioaktiv-kontaminierter Abfälle nach den entsprechenden Vorschriften ist zu gewährleisten.
- Erforderliche Daten vor der Therapiedurchführung:
- Patientenangaben (Alter, Geschlecht, Größe, Gewicht, Diagnose)
- Gegebenheit der Indikation für die Therapie
- Daten über die Vorbehandlung (u.a. Angaben über abgelaufene Strahlentherapie und/oder autologe/allogene Stammzelltransplantation). Vorangegangene, besonders eine erst kürzlich durchgeführte Chemotherapie oder eine perkutane Großfeldstrahlentherapie kann eine nuklidinduzierte Leuko- und/oder Thrombopenie verschlimmern. Es sind >1.500 Leukozyten sowie >100.000 Thrombozyten zu fordern. (Cave: sinkende Werte!; bei Verdacht kurzfristige Kontrolle erforderlich). Bei Thrombozytenwerten <150.000 pro mm3 sollte keine Zevalin-Konsolidierungstherapie durchgeführt werden.
- Das Ergebnis einer repräsentativen (>2cm Länge des Zylinders) Knochenmark-(Beckenkamm-)Biopsie muss einen Infiltrationsgrad (Anteil der Lymphomzellen in % der kernhaltigen Zellen) von <25% ausweisen. Sie sollte nicht länger zurückliegen als
- der Zeitpunkt, an dem zuletzt die Krankheitsprogression festgestellt wurde, maximal jedoch
- drei Monate vor geplanter Therapie
- außerdem sollte die Dichte an Zellen der normalen Hämatopoese als ausreichend erachtet worden sein, um eine befriedigende hämatopoetische Regeneration nach myelosuppressiver Therapie zu gewährleisten.
- Vor der Radionuklidtherapie muss eine Schwangerschaft sicher ausgeschlossen sein, eine Laktation muss zuvor ausreichend frühzeitig abgebrochen werden (s. absolute Kontraindikationen!).
- In zeitlichem Zusammenhang mit der Therapieplanung (in der Regel innerhalb von 2 Wochen vor der durchzuführenden Therapie) ist die Durchführung eines Ganzkörperszintigramms mit 111-Indium-markiertem Zevalin dann wünschenswert, wenn mit einer Organverteilung gerechnet werden muss, die zu einer erhöhten Komplikationsrate führen könnte. Eine Markierung mit 86Y ist ersatzweise möglich.
- Laufende Medikation, besonders jene, die die Gerinnung oder das Blutbild beeinflussen kann.
- Blutbild, Prothrombinzeit (INR) und Serum-Kreatinin/Bilirubin längstens 1 Woche vor der Therapie, Cave: Bei Patienten mit Kreatinin-/Bilirubinwerten >2 mg/dl gibt es keine ausreichenden Erfahrungen zur Anwendung von Zevalin.
- Radiologische/nuklearmedizinische Zusatzuntersuchungen von Läsionslokalisationen einschl. PET bzw. PET/CT*) und/oder MRT zur weiteren Therapiekontrolle
- Abschätzung der Lebenserwartung (Lebenserwartung >3 Monate, Karnofsky >70%).
- Aufklärung der und Anweisungen für die Patienten:
Eine schriftliche Einverständniserklärung des Patienten mit Bestätigung (Unterschrift) über die Aufklärung zur Wirkung und zu Nebenwirkungen der Behandlung muss vorliegen. Diese muss vom Patienten und einem Arzt mindestens 24 Stunden vor der geplanten Therapie unterschrieben werden. Die gesetzlichen Bestimmungen müssen vom Patienten befolgt werden.
Der Patient sollte die folgenden Informationen und Anweisungen erhalten:- Innerhalb der ersten Woche nach der therapeutischen Applikation von 90Y-markiertem Zevalin ist eine Verunreinigung der Unterwäsche sowie der Toilettenumgebung mit Urin zu vermeiden. Wäsche sollte eventuell gesondert gewaschen werden. Urinieren im Sitzen ist anzuraten. Die Tücher, mit denen verschütteter Urin aufgewischt wird, sollten getrennt gewaschen werden. Besser ist es, Papiertücher zu verwenden und diese durch die Toilettenspülung zu entsorgen. Die Patienten sollten nach dem Urinieren ihre Hände sorgfältig waschen und das Toilettenbecken zweifach spülen. Es besteht keine Notwendigkeit, Toilettenräume, -artikel oder Haushaltsartikel getrennt zu nutzen.
- Pflegepersonal oder Angehörige sollten zur Vermeidung von Hautkontaminationen beim Umgang mit Patientenausscheidungen Gummihandschuhe tragen. Soziale Kontakte mit Angehörigen oder anderen Patienten sowie Haustieren sind ohne Risiko.
- Innerhalb der ersten Woche nach der therapeutischen Applikation von 90Y-markiertem Zevalin sollten Männer beim Sexualverkehr Kondome tragen und getrennt entsorgen.
- Aus Vorsichtsgründen sollte eine Schwangerschaft bei weiblichen Patienten innerhalb eines Jahres nach der Therapie durch entsprechende Maßnahmen vermieden werden.
- Eine langzeitige Störung der Reproduktionsfähigkeit, besonders bei Frauen, ist nicht zu erwarten. Männer sollten aber auf die Möglichkeit einer Spermienkonservierung hingewiesen werden.
- Mit einem Absinken der Leukozyten und Thrombozyten um 30-70% des Ausgangswertes, teilweise sogar ausgeprägter, muss gerechnet werden. Der Nadir wird allgemein 7-9 Wochen nach der Therapie (median Tag 60) erreicht, bei aggressiven Lymphomen ca. 2 Wochen früher. Wöchentliche Kontrollen des Blutbildes ab der 2. Woche nach der Therapie bis zur vollständigen Erholung des Knochenmarkes sind angeraten. Bei einem Absinken der Thrombozyten unter 30.000/mm3 sollten die Werte mindestens 3-mal pro Woche kontrolliert werden. Falls erforderlich, müssen Thrombozytenkonzentrate verabreicht werden. Ferner muss auf eine ggf. erhöhte Infektionsgefahr hingewiesen werden.
Bei Patienten, die innerhalb von 4 Monaten nach einer kombinierten Chemotherapie mit Fluradabin und Mitoxantron und/oder Cyclophosphamid Zevalin erhalten, treten häufiger schwere und anhaltende Neutro- und Thrombocytopenien auf als bei Patienten, die in diesem Zeitraum eine beliebige andere Chemotherapie erhalten. Nach einer 2008 publizierten Studie ist die Machbarkeit, Verträglichkeit und Wirksamkeit dieser Therapiekombination evident und damit die Toxizität bei entsprechender Kontrolle vertretbar(8).
Für eine Konsolidierungstherapie mit 90Y-markiertem Zevalin sollten nach Verabreichung einer Induktions-Chemotherapie Neutrophilenzahlen von > 1.500/mm3 sowie Thrombozytenzahlen von >150.000/mm3 gefordert werden. - Eine Antibiotikaprophylaxe ist routinemäßig nicht angezeigt. Sie erfolgt gegebenenfalls gemäß der Richtlinien der AG Infektionen der Deutschen Gesellschaft für Hämato-Onkologie.
- Die Knochenmarkverdrängung durch Tumorgewebe, Chemotherapie, externe Strahlentherapie sowie systemische Radionuklidtherapie können additive Wirkungen auf das blutbildende Knochenmark haben. Das gleichzeitige Vorhandensein von 2 oder mehr Risikofaktoren dieser Art erhöht die Möglichkeit einer Myelosuppression.
- Der Patient sollte auch über das erhöhte Risiko eines sekundären myelodysplastischen Syndroms (MDS) oder einer therapieassoziierten akuten myeloischen Leukämie aufgeklärt werden. Hierbei sollte jedoch darauf hingewiesen werden, dass ein kausaler Zusammenhang zur Zevalintherapie nicht nachgewiesen wurde. Vielmehr ist hier eher eine kumulative Wirkung der umfangreichen, vorher und möglicherweise auch später durchgeführten Behandlung mit alkylierenden Zytostatika anzunehmen.
- Der endgültige Therapieerfolg kann nach etwa 3 Monaten mithilfe entsprechender klinischer Untersuchungen beurteilt werden, wobei eine weitere Besserung in der Folgezeit (Wandlung einer partiellen in eine komplette Remission) in einigen Fällen beobachtet wurde.
(Witzig TE et al. 2002):
90Y-Zevalin (%) Rituximab (%) Asthenie 44 41 Übelkeit 43 19 Kältegefühl, Schüttelfrost 25 29 Schmerzen 19 14 Fieber 19 17 abdominelle Schmerzen 19 11 Erbrechen 19 7 Rachenirritation (Heiserkeit) 18 16 Kopfschmerzen 16 23 Husten 15 7 Schwindel 15 7 Atemnot 15 7 Juckreiz 11 16 Ödembildung 8 16
- Vorbereitung des Patienten und technische Durchführung:
- Eine aktuelle Blutbildkontrolle sollte innerhalb einer Woche vor der Radionuklidapplikation durchgeführt werden. Die Zellzahlen sollten die unter den Kontraindikationen angegebenen Grenzwerte nicht unterschreiten. Niedrigere Blutzellzahlen stellen jedoch keine absolute Kontraindikation dar, erhöhen aber die Gefahr einer Infektion oder Blutung. Hier ist die Indikation nur unter Abwägung der Vor- und Nachteile aller möglichen Alternativen lokaler und systemischer Interventionen zu stellen. Es ist vor der Initiierung des therapeutischen Procederes eine kurzfristige Verlaufskontrolle anzuraten. Weiter sinkende Zellzahlen stellen dann eine absolute Kontraindikation dar.
- Der Patient muss für die Therapie nicht nüchtern sein. Für eine ausreichende Hydratation muss Sorge getragen werden.
- Der eigentlichen Therapie mit 90Y-markiertem Zevalin gehen zwei Infusionen mit unmarkiertem Rituximab voraus. Die Rituximab-Infusionen sollten durch oder unter Supervision eines erfahrenen Hämato-Onkologen erfolgen, der mit den unerwünschten Wirkungen von Rituximab und deren Behandlung vertraut ist.
- Tag 1 -> Infusion von 250 mg Rituximab /m2 KOF . Das Volumen physiologischer Kochsalzlösung, in dem die Rituximab-Stammlösung verdünnt wird, und die Infusionsrate sollten den dem Präparat beigepackten Empfehlungen entsprechen.
- Tag 8 -> Infusion von 250 mg Rituximab /m2 KOF, danach Verabreichung von 90Y-Zevalin als langsame i.v. Infusion über 10 min. Kann die Infusion von 90Y-Zevalin nicht am 8. Tag erfolgen, ist eine Verschiebung um 24 Stunden ohne weitere Vorinfusion von Rituximab möglich.4.
- 90Y-Zevalin muss in jedem Fall innerhalb von 8 Stunden nach der Markierung verabreicht werden.
- Die Infusion des Radiopharmakons soll über einen Venenkatheter oder ein liegendes Infusionsbesteck erfolgen, um eine sichere intravenöse Applikation zu gewährleisten und Infiltrationen zu vermeiden. Die einfachste Methode, einen sicher liegenden Venenzugang auch während der Verabreichung zu kontrollieren, ist die, während der Injektion in den gleichen Venenzugang eine frei und rasch einlaufende Infusion mit physiologischer Kochsalzlösung zu geben. Sollte es zu einer verlangsamten Tropfgeschwindigkeit kommen, ist die Lage des Venenzugangs zu kontrollieren.
- Bei einem Paravasat muss die Infusion sofort gestoppt werden.
- Paravasate können zu Radionekrosen führen. Eine spezifische Therapie bei einer paravenösen Infiltration ist nicht bekannt. Bei einem Paravasat kann lokale Überwärmung, Hochlagerung der Extremität sowie leichte Streichmassage die Lymphdrainage etwas fördern und damit die lokale Strahlendosis reduzieren. Das Ereignis muss im Therapieprotokoll aufgezeichnet werden.
- Nach der Infusion von 90Y-markiertem Zevalin muss mit einer ausreichenden Menge 0,9%iger Kochsalzlösung das gesamte Schlauchsystem durchgespült werden, um die Gesamtmenge zu applizieren. Eine entsprechende Spritzenabschirmung (mindestens 10 mm Plexiglas)ist während der Applikation notwendig, um die Strahlenexposition der Hände zu reduzieren. Die residuelle Aktivität in der Spritze bzw. dem Infusionsbesteck und dem Infusionsschlauch sollte gemessen werden, um die exakte Dosis zu ermitteln, die dem Patienten verabreicht wurde.
- Akute Nebenwirkungen sind bei der Erstapplikation von 90Y-Zevalin nicht zu erwarten. Wie bei jeder Ersttherapie mit monoklonalen Antikörpern sollte eine RR- und Pulskontrolle erfolgen. Es sollte ein Notfallset, das Steroide und Antihistaminika enthält, bereitgehalten werden.
- Eine stationäre Aufnahme ist nicht unbedingt erforderlich. Der Patient kann unmittelbar nach Abschluss der Infusion entlassen werden (in Abhängigkeit von der Entscheidung der lokalen Aufsichtsbehörde unter Beachtung der Grenzwerte der Strahlenbelastung der Bevölkerung nach der StrlSchV und der Richtlinie Strahlenschutz in der Medizin). Sofern eine ambulante Behandung lokal zugelassen ist, obliegt die Entscheidung über eine stationäre oder ambulante Therapiedurchführung ausschließlich dem behandelnden Nuklearmediziner, der dabei insbesondere auch den klinischen Zustand des Patienten berücksichtigt muss.
- Radioaktive Pharmaka:
- Für die Therapie mit 90Y-markiertem Zevalin empfohlene Aktivität:
15 MBq/kg KG bei Patienten mit ≥ 150.000/mm3 Thrombozyten oder
11 MBq/kg KG bei Patienten mit 100.000-149.000/mm3 Thrombozyten
bis zu einer Maximaldosis von 1.200 MBq.
Für die Konsolidierungstherapie sind in jedem Fall ≥ 150.000/mm3 Thrombozyten und ≥ 1.500/mm3 Neutrophile zu fordern. - Dosimetrie
Geschätzte absorbierte Strahlendosen bei Anwendung von
90Y-markiertem Zevalin
(der Fachinformation vom April 2008 entnommen)
Zielorgan Resorbierte Dosis pro injizierte Aktivität (mGy/MBq) Mittelwert Range Milz 9,4 1,8-20,0 Hoden 1,5 1,0-4,3 Leber 4,8 2,3-8,1 untere. Colonwand 4,8 3,1-8,2 obere Colonwand 3,6 2,0-6,7 Myokard 2,9 1,5-3,2 Lunge 2,0 1,2-3,4 Dünndarm 1,4 0,8-2,1 rotes Knochenmark 1,3 0,7-1,8 Harnblasenwand 0,9 0,7-1,3 Knochenoberfläche 0,9 0,5-1,2 Ovarien 0,4 0,3-0,5 Uterus 0,4 0,3-0,5 Nebennieren 0,3 0,2-0,5 Hirn 0,3 0,2-0,5 Mamma 0,3 0,2-0,5 Gallenblasenwand 0,3 0,2-0,5 Muskulatur 0,3 0,2-0,5 Pankreas 0,3 0,2-0,5 Haut 0,3 0,2-0,5 Magen 0,3 0,2-0,5 Thymus 0,3 0,2-0,5 Schilddrüse 0,3 0,2-0,5 Nieren 0,1 0,0-0,3 Ganzkörper 0,5 0,4-0,7
- Für die Therapie mit 90Y-markiertem Zevalin empfohlene Aktivität:
- Markierung, Qualitätskontrolle und Aktivitätsmessung:
Ibritumomab-Tiuxetan wird als Kit geliefert, der die nicht-radioaktiven Bestandteile enthält, die für die Herstellung einer Dosis 90Y-Ibritumomab-Tiuxetan erforderlich sind. Die Anforderung der radioaktiven Komponente 90Y erfolgt getrennt davon.
Der Kit muss bei 2-8°C aufbewahrt und darf nicht eingefroren werden. In gleicher Weise kann die Zubereitung des 90Y-Ibritumomab-Tiuxetan bei 2-8°C bis zu maximal 8 Stunden aufbewahrt werden.- Markierung
- Eine ausführliche Unterweisung in der Markierung, Qualitätskontrolle sowie Kalibration ist erforderlich und wird vom Hersteller gewährleistet.
- Nur unterwiesenes Personal darf die Markierung durchführen.
- Vorgeschriebene Vorrichtungen zum Strahlenschutz, zur Qualitätskontrolle sowie Aktivitätsmessung sind vorzuhalten.
- Trägerfreies 90Yttrium von radiopharmazeutischem Qualitätsgrad mit einer Aktivitätskonzentration zum Zeitpunkt der Verabreichung von 1,67 bis 3,34 GBq/ml muss für die Antikörpermarkierung eingesetzt werden.
- Steriles Vorgehen bei der Markierung ist einzuhalten.
- Abschirmung
- Spritzen- und Gefäßabschirmungen sind zu benutzen.
- Die örtlich verbindlichen Vorschriften für den Umgang mit offenen radioaktiven Substanzen sind einzuhalten.
- Mindestens 1 cm Perspex- oder Perspex/Bleiabschirmungen für Spritzen und Markierungsgefäße sind zu nutzen.
- Als Greifwerkzeuge sind Zangen und Pinzetten zu verwenden. Es wird empfohlen, bei der Markierung Plastikhandschuhe, wasserdichte Einwegmäntel und Plexiglasbrillen zu tragen.
- Qualitätskontrolle
- Vor der Applikation von 90Y-markiertem Zevalin ist eine Qualitätskontrolle verbindlich vorgeschrieben. Dazu wird eine Dünnschichtchromatographie empfohlen. Zur Messung ist ein Gamma-Counter ausreichend.
- Die Qualitätskontrolle sollte in einer Dreifachbestimmung durchgeführt werden.
- Eine Markierungsausbeute von ≥95% ist erforderlich. Wird diese Markierungsausbeute nicht erreicht, darf die Therapie nicht durchgeführt werden.
- Häufige Fehlerquelle bei der Qualitätskontrolle: Tropfengröße, Totzeitfehler bei der Messung der Dünnschichtchromatographiestreifen.
- Aktivitätsmessung
- Die Messeinrichtungen, die für die Eingangsmessung genutzt wurden, müssen auch für die nachfolgenden Aktivitätsmessungen verwendet werden, anderenfalls ist eine Rekalibrierung erforderlich.
- Die Aktivitätsmessung hat unter entsprechenden geometrischen und volumen- und materialbezogenen (Plastikspritzen/Glasfläschchen) Bedingungen zu erfolgen.
- Eine Strahlenquelle (Yttrium in bekanntem Volumen und Aktivität) wird zur Kalibrierung der Messeinrichtungen auf Anforderung vom Hersteller zur Verfügung gestellt.
- Markierung
- Dokumentation
Interpretation und Befundbericht
Der Befundbericht an den überweisenden Kollegen muss die relevanten Angaben zum Patienten, die durchgeführte Therapie sowie die erforderlichen Kontrolluntersuchungen enthalten. Auf die Blutbildkontrollen, 1-2 Wochen nach Radionuklidapplikation beginnend, im 1-2 Wochenabstand bis zur Erholung des blutbildenden Knochenmarks muss hingewiesen werden. Eine zentrale Dokumentation der Therapieergebnisse wird angestrebt.
- Qualitätskontrolle:
- Qualitätskontrollen sollten gemäß institutionellen Qualitätsmanagement-programmen durchgeführt werden, die den nationalen Bestimmungen folgen. Die einzelnen Schritte sind zu dokumentieren.
- Eine enge Zusammenarbeit mit den überweisenden Ärzten hinsichtlich Aufarbeitung der Therapiedaten sowie der Nachkontrollen bei therapierten Patienten ist anzuraten.
- Die aktuellen Patientendaten müssen vor jeder Therapie durchgesehen werden.
- Fehlerquellen: Fehlkalibrierung der Aktivität
Fehlinjektion der Therapieaktivität. Für die Injektion sollte ein liegender Venenzugang (Infusionszugang oder Venenkatheter) genutzt werden, dessen Lage durch eine Vorinjektion von physiologischer Kochsalzlösung zu überprüfen ist. Die im Katheter verbleibende Aktivität muss durch eine Spülung desselben dem Patienten verabreicht werden.
- Nachuntersuchung:
Bei der Nachuntersuchung ist vom Nuklearmediziner der Allgemeinzustand des Patienten, der Bericht über mögliche symptomatische Nebenwirkungen und interkurrente Erkrankungen zu prüfen. Besonderer Wert sollte auf die Dokumentation des Blutbildverlaufes nach der Therapie und möglicher Zweitneoplasien gelegt werden. Die Nachuntersuchungen können an den behandelnden Hämato-Onkologen delegiert werden, falls ein Rücklauf der Ergebnisse an den Nuklearmediziner gewährleistet ist. Hierzu empfiehlt sich eine gemeinsame Besprechung in angemessenen Zeitabständen zu den klinischen Verläufen der behandelten Patienten.
- Anforderungen an die Therapieeinrichtung:
- Weiterführende Literatur
- Cheson BD, Horning SJ, Coiffier B, et al. Report of an international workshop to standardize response criteria for non-Hodgkin's lymphomas. NCI Sponsored International Working Group. J Clin Oncol 1999; 17:1244.
- Dreyling M, Trumper L, von Schilling C, et al. Results of a national consensus workshop: therapeutic algorithm in patients with follicular lymphoma--role of radioimmunotherapy. Ann Hematol 2007; 86:81-7.
- Morschhauser F, Illidge T, Huglo D, et al. Efficacy and safety of yttrium-90 ibritumomab tiuxetan in patients with relapsed or refractory diffuse large B-cell lymphoma not appropriate for autologous stem-cell transplantation. Blood 2007; 110:54-8.
- Morschhauser F, Radford J, Van Hoof A, et al. Phase III trial of consolidation therapy with yttrium-90-ibritumomab tiuxetan compared with no additional therapy after first remission in advanced follicular lymphoma. J Clin Oncol 2008; 26:5156-64.
- Peyrade F, Triby C, Slama B, et al. Radioimmunotherapy in relapsed follicular lymphoma previously treated by autologous bone marrow transplant: a report of eight new cases and literature review. Leuk Lymphoma 2008; 49:1762-8.
- Witzig TE, Gordon LI, Cabanillas F, et al. Randomized controlled trial of yttrium-90-labeled ibritumomab tiuxetan radioimmunotherapy versus rituximab immunotherapy for patients with relapsed or refractory low-grade, follicular, or transformed B-cell non-Hodgkin's lymphoma. J Clin Oncol 2002; 20:2453-63.
- Witzig TE, Molina A, Gordon LI, et al. Long-term responses in patients with recurring or refractory B-cell non-Hodgkin lymphoma treated with yttrium 90 ibritumomab tiuxetan. Cancer 2007; 109:1804-10.
- Zinzani PL, d'Amore F, Bombardieri E, et al. Consensus conference: implementing treatment recommendations on yttrium-90 immunotherapy in clinical practice - report of a European workshop. Eur J Cancer 2008; 44:366-73.
- Zinzani PL, Tani M, Pulsoni A, et al. Fludarabine and mitoxantrone followed by yttrium-90 ibritumomab tiuxetan in previously untreated patients with follicular non-Hodgkin lymphoma trial: a phase II non-randomised trial (FLUMIZ). Lancet Oncol 2008; 9:352-8.
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