
Leitlinien
Verfahrensanweisung zum Radioiodtest (Version 3)
M. Dietlein1,3, J. Dressler1,4, W. Eschner1,2,3, M. Lassmann1,2,5, B. Leisner1,6, C. Reiners1,5, H. Schicha1,3
für die 1Deutsche Gesellschaft für Nuklearmedizin (DGN) und die 2Deutsche Gesellschaft für Medizinische Physik (DGMP)
3Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin der Universität zu Köln
4Nuklearmedizinische Klinik der Henriettenstiftung, Hannover
5Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin der Universität Würzburg
6Abteilung für Nuklearmedizin des Allg. Krankenhauses St. Georg, Hamburg
federführend und Korrespondenz: Prof. Dr. med. M. Dietlein, Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin der Universität zu Köln, 50924 Köln, Tel. 0221 478 5856, Fax 0221 478 6777
M. Dietlein1,3, J. Dressler1,4, W. Eschner1,2,3, M. Lassmann1,2,5, B. Leisner1,6, C. Reiners1,5, H. Schicha1,3
für die 1Deutsche Gesellschaft für Nuklearmedizin (DGN) und die 2Deutsche Gesellschaft für Medizinische Physik (DGMP)
3Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin der Universität zu Köln
4Nuklearmedizinische Klinik der Henriettenstiftung, Hannover
5Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin der Universität Würzburg
6Abteilung für Nuklearmedizin des Allg. Krankenhauses St. Georg, Hamburg
federführend und Korrespondenz: Prof. Dr. med. M. Dietlein, Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin der Universität zu Köln, 50924 Köln, Tel. 0221 478 5856, Fax 0221 478 6777
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- Zielsetzung
- Ermittlung des Radioioduptakes bzw. der Radioiodkinetik vor geplanter Radioiod-therapie (RIT). Aus dem Radioiodtest wird die Aktivität errechnet, die zum Erreichen einer vorgegbenen Energiedosis im Zielvolumen bei der RIT appliziert werden muss (siehe Leitlinie zur Radioiodtherapie bei benignen Schilddrüsenerkrankungen und Verfahrensanweisung zur Radioiodtherapie beim differenzierten Schilddrüsenkarzinom). Diese individuelle Aktivitätsermittlung vor Radioiodtherapie ist in Deutschland rechtlich vorgeschrieben (13). Sie dient der Dosisoptimierung und der Überprüfung der Frage, ob eine RIT überhaupt effizient möglich ist (1, 4, 10).
- Bei der kongenitalen Hypothyreose leistet das Iod-Stoffwechselstudium einschließlich Depletionstest einen Beitrag zur Differenzierung zwischen morphologischen Entwicklungsstörungen und genetisch bedingten Schilddrüsenhormonsynthesestörungen (8). Diese Unterscheidung dient der weiteren Betreuung der Kinder und der genetischen Beratung der Eltern.
- Ermittlung des Radioioduptakes bzw. der Radioiodkinetik vor geplanter Radioiod-therapie (RIT). Aus dem Radioiodtest wird die Aktivität errechnet, die zum Erreichen einer vorgegbenen Energiedosis im Zielvolumen bei der RIT appliziert werden muss (siehe Leitlinie zur Radioiodtherapie bei benignen Schilddrüsenerkrankungen und Verfahrensanweisung zur Radioiodtherapie beim differenzierten Schilddrüsenkarzinom). Diese individuelle Aktivitätsermittlung vor Radioiodtherapie ist in Deutschland rechtlich vorgeschrieben (13). Sie dient der Dosisoptimierung und der Überprüfung der Frage, ob eine RIT überhaupt effizient möglich ist (1, 4, 10).
- Definition
Unter dem Radioioduptake versteht man denjenigen Anteil an appliziertem Radioiod, der zu einer definierten Zeit nach Applikation in der Schilddrüse vorhanden ist (nicht zerfallskorrigiert).
Die Ermittlung des Radioioduptakes erfolgt durch quantitative Bestimmung dieses Anteils, also durch Messung der Aktivität in der Schilddrüse.
Unter der Radioiodkinetik versteht man den (patientenindividuellen) zeitlichen Verlauf des Radioioduptakes.
Zur Bestimmung der Radioiodkinetik sind also Messungen des Radioioduptakes zu mehreren Zeitpunkten erforderlich.
Unter der effektiven Halbwertszeit versteht man im Sinne des Radioiodtest denjenigen Zeitraum, während dessen eine Hälfte des in der Schilddrüse vorhandenen Radioiods durch physikalischen Zerfall und biologische Verstoffwechselung aus der Schilddrüse entfernt wird.
Unter Zielvolumen (auch: Herdvolumen) versteht man dasjenige Gewebe, das durch die RIT einen deterministischen Effekt erfahren soll. Dies ist manchmal identisch mit der gesamten Schilddrüse, häufig aber nur ein Teil davon (z.B. bei Autonomieerkrankungen).
- Indikationen
- Vor Radioiodtherapie benigner oder maligner Schilddrüsenerkrankungen
- Differentialdiagnostik bei kongenitaler primärer Hypothyreose
- Vor Radioiodtherapie benigner oder maligner Schilddrüsenerkrankungen
- Durchführung der Untersuchung
- Patientenvorbereitung
- Eine Schilddrüsenhormon-Medikation und eine thyreostatische Medikation beeinflussen den Radioioduptake. Das Absetzen einer thyreostatischen Medikation 2 bis 3 Tage vor dem Radioiodtest (sowie 2 bis 3 Tage vor der RIT) bewirkt eine Erhöhung des Ioduptakes und der effektiven Halbwertszeit.
- Keine stark iodhaltigen Medikamente (z.B. iodhaltige Röntgenkontrastmittel, iodhaltige Desinfektionsmittel, Iodid-Medikation, iodhaltige Augentropfen) oder Nahrungsmittel (z.B. Multivitamin- und Spurenelement-Kombinationen, Seetang) 4 Wochen vor der Untersuchung (kann bei klinischer Dringlichkeit verkürzt werden). Wesentlich längere Zeitintervalle bis zur Durchführung des Radioiodtestes sind nach Applikation von lipophilen Röntgenkontrastmitteln (Lymphographie) und nach Amiodarone zu beachten; ggf. Messung der Iodurie. Eine iodarme Diät wird 2 Wochen vor einem Radioiodtest empfohlen.
- Reichliche Mahlzeiten können die Resorption des oral applizierten Radioiods vermindern oder verzögern und damit frühe Uptake-Messungen beeinflussen. Die Patienten sollten daher 4 Stunden vor sowie 1 Stunde nach der oralen Radioiodapplikation nüchtern bleiben.
- Eine Schilddrüsenhormon-Medikation und eine thyreostatische Medikation beeinflussen den Radioioduptake. Das Absetzen einer thyreostatischen Medikation 2 bis 3 Tage vor dem Radioiodtest (sowie 2 bis 3 Tage vor der RIT) bewirkt eine Erhöhung des Ioduptakes und der effektiven Halbwertszeit.
- Notwendige Informationen
- Schilddrüsenwirksame Medikation (z.B. Schilddrüsenhormon-Medikation, thyreo-statische Medikation, iodhaltige Medikamente)
- Untersuchung mit iodhaltigem Röntgenkontrastmittel
- Extrem iodreiche Ernährung
- Schilddrüsenfunktionsparameter, insbesondere basales TSH, ggf. Quantifizierung der Iodurie
- Relevante sonographische Befunde einschließlich Ziel- und Schilddrüsenvolumen
- Befunde früherer Schilddrüsenszintigramme
- Befunde früherer Uptake-Messungen
- Kürzlich applizierte Radiopharmaka
- Schwangerschaft, Laktation: Das Stillen ist vor einer Iod-131-Applikation zu beenden, um die Strahlenexposition des Kindes zu begrenzen.
- Schilddrüsenwirksame Medikation (z.B. Schilddrüsenhormon-Medikation, thyreo-statische Medikation, iodhaltige Medikamente)
- Vorsichtsmaßnahmen
- Ausschluss einer Schwangerschaft
- Eine längere Unterbrechung der thyreostatischen Medikation kann bei einigen Patienten zu einer Exazerbation der Hyperthyreose führen.
- Ausschluss einer Schwangerschaft
- Radiopharmaka
- In der Regel Iod-131 NaI (Referenzaktivität 3 MBq) oral (Kapsel) (2)
- Als „Kurztest“ auch Iod-123 NaI (Referenzaktivität 10 MBq) i.v. möglich (siehe E.)
- Im Rahmen des Depletionstests Iod-123 NaI i.v. (Referenzaktivität 10 MBq, bei Kindern gewichtsbezogene Reduktion der Aktivität, siehe F.) (7)
- Strahlenexposition (siehe Tabelle 1) (5, 6, 12)
Radiopharmakon applizierte Aktivität
(MBq)höchst exponiertes Organ
(mGy/MBq)effektive Dosis
(mSv/MBq)131I-Iodid 3 p.o. 500 Schilddrüse 24 123I-Iodid 10 p.o./ i.v. 4,5 Schilddrüse 0,22 Tabelle 1: Strahlenexposition bei Erwachsenen nach ICRP 53 (5) und ICRP 80 (6),
unter der Annahme von 35% Radioioduptake
- In der Regel Iod-131 NaI (Referenzaktivität 3 MBq) oral (Kapsel) (2)
- Datenakquisition
- Geräte
- Iod-131-Uptake: Messsonde mit Natrium-Iodid-Kristall (ca. 5 cm Ø, 5 cm lang, möglichst an Vielkanalanalysator angeschlossen); andere Detektoren können verwendet werden, wenn ihre Eignung sichergestellt ist.
Die Messsonde muss ausreichend abgeschirmt und mit einem Kollimator versehen sein, der über dem Hals des Patienten eine die gesamte Schilddrüse überdeckende Fläche erfassen sollte. Zwischen der Kristalloberfläche und der Halskontur des Patienten soll ein Abstand von mindestens 25 cm eingehalten werden. Durch einen fixierbaren Abstandshalter ist ein bei allen Messungen identischer Abstand zu gewährleisten.
Zur Auswertung sollte ein geeignetes Fenster bei 364 keV gelegt werden. Alternativ können die Iodlinie bzw. der Untergrund durch eine Fitfunktion angepasst werden.
- Schilddrüsen- oder Hals-Phantom zur Ermittlung der Nachweiseffizienz mit einer Standardaktivität, ggf. zur Vormessung der für den Test zu applizierenden Aktivität und ggf. zur Ermittlung des Korrekturfaktors zwischen Messungen im Phantom und frei Luft.
- Alternativ oder zusätzlich: Gammakamera mit Hochenergiekollimator zur Dokumentation der Aktivitätsverteilung. Nach der Richtlinie „Strahlenschutz in der Medizin“ ist, falls medizinisch begründet, die regionale Verteilung des radioaktiven Arzneimittels durch szintigraphische Untersuchungen aufzuzeichnen. Dies kann insbesondere bei fokalen Autonomien der Fall sein. Hierbei kann die Bestimmung des Uptakes über geeignete ROIs erfolgen (siehe auch Verfahrensanweisung zur Schilddrüsenszintigraphie).
Anmerkung: Messfehler können in diesem Fall auftreten durch ungeeignete Wahl des Phantoms, fehlende Absorptions- und Streukorrektur sowie eine hohe Variabilität des Untergrundabzugs.
- Iod-123-Uptake: Messsonde wie oben oder Quantifizierung mittels einer Gammakamera über geeignete ROIs (siehe Verfahrensanweisung zur Schilddrüsenszintigraphie).
- Anmerkung: siehe c)
- Iod-131-Uptake: Messsonde mit Natrium-Iodid-Kristall (ca. 5 cm Ø, 5 cm lang, möglichst an Vielkanalanalysator angeschlossen); andere Detektoren können verwendet werden, wenn ihre Eignung sichergestellt ist.
- Zeitpunkt der Messung
- Iod-131-Uptake: Zur Berechnung der für die RIT zu applizierenden Aktivität ist eine einzelne Messung nach 5 bis 8 Tagen prinzipiell ausreichend (siehe G.).
. Soll die effektive Halbwertszeit im Rahmen des Radioiodtests bestimmt werden, so sind mindestens zwei Uptake-Messungen erforderlich. Die frühere sollte möglichst zum Zeitpunkt des maximalen Uptakes erfolgen (s.u.), die spätere 4 bis 8 Tage danach.
Wird eine genauere Bestimmung der Iodkinetik gewünscht, sind mindestens drei Messungen erforderlich, deren günstigste Zeitpunkte je nach Erkrankung variieren (beim Morbus Basedow z.B. 4-6, 24 und 120 Stunden nach Applikation, sonst 1, 2-3 und 5-8 Tage).
- „Kurztest“ mit Iod-123 oder I-131: Messung nach 4 - 6 Stunden und zwecks Dosimetrie vor Radioiodtherapie nach 24 Stunden. Hierbei wird mit krankheitsbezogenen, effektiven Halbwertszeiten gerechnet. Der „Kurztest“ mit Iod-123 bzw. I-131 kann in Ausnahmefällen angewendet werden, wenn Messungen des Iod-131-Uptakes zu verschiedenen Zeitpunkten aus organisatorischen Gründen nicht möglich oder zumutbar sind.
- Iod-131-Uptake: Zur Berechnung der für die RIT zu applizierenden Aktivität ist eine einzelne Messung nach 5 bis 8 Tagen prinzipiell ausreichend (siehe G.).
- Durchführung der Messung
- Messung der für den Test zu applizierenden Aktivität im Aktivimeter
- Fakultativ eine weitere Messung der zu applizierenden Aktivität mit der Sonde bzw. Gammakamera frei Luft oder im Phantom.
- Verabreichung der Aktivität an den Patienten und Dokumentation der Applikation.
- Bestimmung des Iod-131-Uptakes (vgl. G) zu den unter 2. genannten Zeitpunkten durch
Berechnung der Aktivität in der Schilddrüse aus Nettozählrate und Nachweiseffizienz und Vergleich mit der Aktivimetermessung der Aktivität
oder durch
Vergleich der Nettozählrate über der Schilddrüse und über der applizierten Aktivität im Phantom
oder durch
Vergleich der Nettozählrate über der Schilddrüse und über der applizierten Aktivität frei Luft unter Anwendung des Korrekturfaktors zwischen Messungen im Phantom und frei Luft.
Fakultativ erfolgen eine Untergrundkorrektur (z.B. Messung der Untergrundzählrate außerhalb des Zielorgans über z.B. Oberarm, Oberschenkel) und/oder eine Tiefenkorrektur (Berücksichtigung der geometrischen Unterschiede zwischen Patient und Phantom).
- Iod-123-Uptake: mittels Messsonde wie oben oder mittels Gammakamera: Quantifizierung wie bei I-131.
- Messung der für den Test zu applizierenden Aktivität im Aktivimeter
- Geräte
- Interventionen
- Suppression der hypophysären Regulation (siehe Leitlinie zur Schilddrüsendiagnostik und Leitlinie zur Radioiodtherapie bei benignen Schilddrüsenerkrankungen)
- Depletionstest: Im Rahmen eines vererbten Enzymdefektes (Typ-II-Defekt: Iodisationsstörung / Peroxidasedefekt) kann es zur Störung der Organifizierung von Iod kommen. Dabei kommt es in der quantitativen Schilddrüsenszintigraphie nach Perchloratgabe zu einem Abfall der Zeit-Aktivitätskurve um mehr als 15-20 %.
Durchführung: Nach intravenöser Applikation von Iod-123 NaI (Referenzaktivität 10 MBq, bei Kindern gewichtsbezogene Reduktion der Aktivität) quantitative Schilddrüsenszintigraphie mit einer Gammakamera bis 3 h p.i.; nachfolgend orale Applikation von Natriumperchlorat (Erwachsenendosis 1g, bei Kindern gewichtsbezogene Reduktion der Dosis). Erneute Quantifizierung des Schilddrüsenuptakes mittels ROI-Technik 1 h und 2 h nach Perchloratgabe.
- Suppression der hypophysären Regulation (siehe Leitlinie zur Schilddrüsendiagnostik und Leitlinie zur Radioiodtherapie bei benignen Schilddrüsenerkrankungen)
- Datenauswertung
Der Radioioduptake (RIU) wird über folgende Gleichung bestimmt:
RIU = Aktivität in der Schilddrüse
Applizierte AktivitätX 100% (1)
Die Aktivität in der Schilddrüse errechnet sich aus der Nettozählrate über der Schilddrüse und der Nachweiseffizienz für eine Aktivität im Phantom.
Bei Vormessung der verabreichten Aktivität mit Sonde oder Kamera können zur Berechnung des RIU auch direkt die Nettozählraten über der Schilddrüse und der applizierten Aktivität verglichen werden, wobei bei Vormessungen frei Luft ein Korrekturfaktor zwischen Messungen im Phantom und frei Luft anzuwenden ist. Die Nettozählraten ergeben sich nach Subtraktion der zugehörigen Untergrundzählraten.
Die für die Radioiodtherapie zu applizierende Aktivität A errechnet sich nach
(2)
mit
M: Masse des Zielvolumens,
Anmerkung: Da die Masse des Zielvolumens linear in die Berechnung der zu applizierenden Aktivität eingeht, ist diese so genau wie möglich mittels bildgebender Verfahren zu bestimmen. Der Fehler der absoluten Bestimmung der Masse der gesamten Schilddrüsen mittels planarem Ultraschall liegt in der Größenordnung von 25%, somit kann die Aktivitätsberechnung bei einer vorgegbenen Zieldosis nicht genauer sein. Bei der Ausmessung von Teilvolumina mittels Sonographie oder bei Verwendung anderer bildgebenden Verfahren kann der Fehler geringer sein.
D: Zu erzielende Energiedosis im Zielvolumen,
RIU(t): Radioiod-uptake (in Prozent) als Funktion der Zeit.
F Umrechnungsfaktor, der physikalische Konstanten, sowie die mittlere im Zielvolumen deponierte Energie pro Zerfall des Radioiods enthält.
Für ein Schilddrüsenvolumen von 20 ml ist
F = 24,7 MBq · d · % · g-1 · Gy-1 (MIRD-Pamphlet 11).
Anmerkung: Dieser Faktor stammt aus Simulationsrechnungen und gilt streng genommen für eine regelmäßig geformte Schilddrüse von 20 g. Bei größeren Zielvolumina ist die mittlere im Zielvolumen deponierte Energie pro Zerfall etwas höher (ca. 5% mehr bei 70 ml), bei kleinen Volumina etwas niedriger (ca. 5% weniger bei 4 ml). Im Einzelfall können volumenabhängige Korrekturen angebracht werden.
Sofern nicht mindestens 3 Uptake-Messungen durchgeführt und die Parameter der Iodkinetik daraus errechnet wurden, ist das Integral in Gl. (2) nicht bekannt. Die zu applizierende Aktivität wird dann entweder nach Gl. (3) oder Gl. (5) errechnet:
(3)
mit
RIUmax: maximaler Radioioduptake, gemessen zum Zeitpunkt t1
HWZeff: effektive Halbwertzeit
Der zweite Summand im Nenner berücksichtigt die Aufnahme des Iods in die Schilddrüse.
In der Regel werden weder RIUmax noch HWZeff direkt gemessen. Da jedoch der maximale Radioioduptake je nach Erkrankung zwischen 8 und 30 Stunden nach Applikation erreicht wird, kann der 24-Stunden-Uptake in guter Näherung für RIUmax verwendet werden.
Sofern mehrere Messungen durchgeführt wurden, lässt sich hieraus näherungsweise die effektive Halbwertzeit HWZeff bestimmen:
(4)
t1, t2: Zeitpunkte nach Applikation der Uptake-Messungen RIU1, RIU2
Dabei sollte t1 1 bis 2 Tage, t2 4 bis 8 Tage betragen. Es ist für die Zuverlässigkeit der Berechnung nach Gl. (4) von erheblicher Bedeutung, dass t1 nicht vor Erreichen des maximalen Uptakes liegt, da sonst die effektive Halbwertzeit fälschlich zu hoch errechnet wird.
Sofern nur eine Uptake-Messung nach 24 Stunden durchgeführt wird, muss für HWZeff ein mittlerer Wert für die jeweilige Erkrankung verwendet werden.
Bei Anwendung von Gl. (5) wird nur eine Uptake-Messung benötigt:
(5)
mit t: Zeitpunkt nach Applikation der Uptake-Messung RIU. Dabei muss t zwischen 5 und 8 Tagen betragen. Diese Vorgehensweise liefert um so bessere Ergebnisse, je näher der Zeitpunkt t an der tatsächlichen Halbwertzeit des Iods in der Schilddrüse liegt.
Sofern die Berechnung durch ein vom Hersteller der Sonde oder der Gammakamera geliefertes Programm erfolgt, ist dafür Sorge zu tragen, dass dieses einer der hier geschilderten Vorgehensweisen entspricht.
- Befundung und Dokumentation
- Aufzeichnung von Datum, Uhrzeit und Aktivität des verabreichten radioaktiven Stoffes.
- Angabe des Ioduptakes in Prozent der applizierten Aktivität und in Abhängigkeit vom Zeitpunkt nach Applikation. Die Messwerte über dem Zielorgan, für die Standardaktivität und die Daten zur Konstanzprüfung (siehe I.) sind zu dokumentieren.
- Aktivitätsverteilung (Szintigramm), sofern nicht zeitnah (4 6 Wochen) eine Szintigraphie mit Tc-99m-Pertechnetat oder Iod-123 erstellt worden war.
- Im Iod-Stoffwechselstudium bei kongenitaler Hypothyreose wird als Depletionseffekt der maximale Abfall der Zeit-Aktivitätskurve nach Perchloratgabe in Prozent des 3-h-Speicherwertes vor Perchloratgabe angegeben.
- Aufzeichnung von Datum, Uhrzeit und Aktivität des verabreichten radioaktiven Stoffes.
- Qualitätssicherung
Die Qualitätssicherung ist in der Richtlinie Strahlenschutz in der Medizin von 2002 vorgeschrieben (13). Vor Beginn der Untersuchungen sind arbeitstäglich die Untergrundzählrate und die Einstellung des Energiefensters, mindestens einmal wöchentlich die Einstellungen und die Ausbeute bei reproduzierbarer Geometrie mit einem geeigneten Prüfstrahler, z.B. Caesium-137, zu überprüfen (DIN 6855-1) (3). Es wird empfohlen, vor jeder Applikation die zu verabreichende Aktivität mit Sonde oder Kamera vorzumessen und die aus der Nettozählrate und der Nachweiseffizienz berechnete Aktivität auf Konsistenz zum Wert der Aktivimetermessung zu überprüfen.
- Fehlerquellen
- Fehler bei der Volumetrie des Zielvolumens
- Abweichungen im Patienten-Detektorabstand
- Unrealistisches Phantom, Kontamination des Phantoms
- Ungeeignete Zentrierung der Sonde über dem Zielorgan
- Instabilität der Messelektronik, insbesondere bei mangelhafter Qualitätskontrolle
- Variation der Untergrundimpulsrate (z.B. von anderen Patienten ausgehende Strahlung)
- Einfluss durch Medikamente oder iodreiche Ernährung
- Resorptionsminderung bzw. -verzögerung durch kurzzeitig zurückliegende Nahrungszufuhr
- Kurz zurückliegende Applikation eines anderen Radionuklids
- Fehler bei der Volumetrie des Zielvolumens gehen unmittelbar in die Berechnung der für die RIT zu applizierenden Aktivität ein (11).
- Ungünstige Wahl der Zeitpunkte für die Uptake-Messungen kann zu erheblichen Fehlern bei der Berechnung der effektiven Halbwertszeit führen.
- Fehler bei der Volumetrie des Zielvolumens
- Patientenvorbereitung
- Offene Fragen
Uptake und effektive Halbwertzeit unter Therapie weichen häufig von den im Radioiodtest ermittelten Werten ab [“Stunning“ (9)]. Es ist offen, ob und wie dies vorab bei der Berechnung der zu applizierenden Therapieaktivität zu berücksichtigen ist.
- Literaturverzeichnis
- Bockisch A, Brandt-Mainz K, Görges R. Dosiskonzepte und Dosimetrie bei der Radioiodtherapie benigner Schilddrüsenerkrankungen. Der Nuklearmediziner 1997; Nr. 5, 20: 315-322.
- Bundesamt für Strahlenschutz - Bekanntmachung der diagnostischen Referenzwerte für radiologische und nuklearmedizinische Untersuchungen. Bundesanzeiger Nr. 143 vom 5. August 2003, S. 17503.
- DIN 6855-1 Qualitätsprüfung nuklearmedizinischer Mess-Systeme - in vivo- und in-vitro-Messplätze (August 1992).
- Geworski L, Lottes G, Reiners Chr, Schober O. Empfehlungen zur Qualitätskontrolle in der Nuklearmedizin Klinik und Messtechnik. Stuttgart, New York: Schattauer 2003.
- International Commission on Radiological Protection. Radiation dose to patients from radiopharmaceuticals. In: Annals of the ICRP, Vol. 18, Publication 53. Smith H (ed.). Oxford: Pergamon Press 1988.
- International Commission on Radiological Protection. Radiation dose to patients from radiopharmaceuticals. Addendum to ICRP 53. In: Annals of the ICRP, Vol. 28, Publication 80. Valentin J (ed.).Oxford: Pergamon Press 1998.
- Lassmann M, Biassoni L, Monsieurs M, Franzius C, Jacobs F. The new EANM paediatric dosage card. Eur J Nucl Med Mol Imaging 2007; 34: 796-798
- Meller J, Zappel H, Conrad M, Roth C, Emrich D, Becker W. 123I-Szintigraphie und Perchlorat-Depletionstest bei der Diagnostik der kongenitalen Hypothyreose. Nuklearmedizin 1998; 37: 1-5.
- Postgard P, Himmelman J, Lindencrona U, et al. Stunning of iodide transport by (131)I irradiation in cultured thyroid epithelial cells. J Nucl Med 2002; 43: 828-834.
- Schicha H, Schober O. Nuklearmedizin. Basiswissen und klinische Anwendung. 6. Auflage. Stuttgart, New York: Schattauer 2007, 147-152.
- Schlögl S, Werner E, Lassmann M, Terekhova J, Muffert S, Seybold S, Reiners C. The use of three-dimensional ultrasound for thyroid volumetry. Thyroid 2001; 11: 569-74.
- Snyder WS, Ford MR, Warner GG, Watson SBe. MIRD Pamphlet No.11: “S,” absorbed dose per unit cumulated activity for selected radionuclides and organs. Society of Nuclear Medicine, New York 1975.
- Strahlenschutz in der Medizin - Richtlinie nach der Verordnung über den Schutz vor Schäden durch ionisierende Strahlen (Strahlenschutzverordnung - StrlSchV). Bundesanzeiger Nummer 207a vom 7. November 2002
- Bockisch A, Brandt-Mainz K, Görges R. Dosiskonzepte und Dosimetrie bei der Radioiodtherapie benigner Schilddrüsenerkrankungen. Der Nuklearmediziner 1997; Nr. 5, 20: 315-322.
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